
New Record Labels #29 – Arjunamusic, Flash Forward, Unknown Precept, Yerevan Tapes
Porträt
Yerevan Tapes ist ein 2011 von Silvia Guescini und Andrea Napoli gegründetes, italienisches Plattenlabel aus Bologna. Moment, Bologna? Wieso benennt sich ein italienisches Label nach der armenischen Hauptstadt? »Das liegt an Silvias Vernarrtheit in die armenische Geschichte und Kultur während ihres Studiums«, erklärt Napoli. »Der Name ist per se nur ein Name. Wichtig ist aber das Gefühl, welches er ausdrückt, wie er dich in eine bestimmte Dimension bugsiert: die des Anderen und Heiligen.« Das klingt zuerst hochgestochen, wie Napoli bereitwillig zugibt. Was er damit allerdings meint, wird mit Blick auf den Backkatalog des Labels schnell klar. Der frostige Synthie-Sound des ominösen Projekts German Army trifft auf muffigen Techno-Not-Techno von Produzenten wie RM und letztlich bildet auch Yerevan Tapes einen Eckpfeiler des engmaschigen Netzes um die psychedelische okkulte Musik, wie sie Heroin In Tahiti oder Father Murphy in den letzten Jahren in Italien etabliert haben. »In einer Art ist Yerevan Tapes wohl Teil dieser Szene«, pflichtet Napoli bei. »Wenn wir allerdings auf etwas stoßen, das wir wirklich lieben, sagen wir aus dem kalten Norden – siehe Isorinne, Haraam, Råd Kjetil Senza Testa und andere – zögern wird nicht.« Und was indes lieben die beiden an der Musik, von der sie seit 2011 zunehmend mehr veröffentlichen? »Das Verschiedene und doch Bekannte, das an etwas in deiner Natur erinnert, das du aber nicht so einfach aufrufen kannst, wie man es erwarten würde«, versucht Napoli einen weiteren Erklärungsversuch. Sagen wir so: Die Musik drückt es tatsächlich am besten aus, und das obwohl sie sich am liebsten in Andeutungen ergeht. Zu den Sounds gesellen sich fantasievolle, zum Teil esoterische Artworks, die seine Lebensgefährtin Guescini seit der ersten Katalognummer an alleine gestaltet. Zwischen eindringlichen Porträtfotos, okkulten Objekten und abstrakten Farbverläufen zieht sich der rote ästhetische Faden der Musik weiter. Die visuelle und klangliche Einheitlichkeit überträgt sich aber nicht unbedingt aufs Format. Oder wieso eigentlich trägt das Label die Kassetten im Namen, wenn es doch seit geraumer Zeit auch Platten presst? »Tapes erlauben es dir schlichtweg, alles zu veröffentlichen, was du willst«, erklärt Napoli, der seit 2007 bereits einige Erfahrung als Betreiber des Labels Avant! gesammelt hat. »Ohne, dass du dir den Kopf über die Business-Aspekte zerbrechen musst – was sich zur Abwechslung mal sehr gut anfühlt.« Und obwohl das vielleicht nur ein Nebeneffekt der Labelarbeit ist, so wird vielleicht auch darin das spürbar, worum es Guescini und Napoli mit Yerevan Tapes geht: Die Erfahrung eines Anderen, eines Heiligen.