Review

Zara McFarlane

Songs Of An Unknown Tongue

Brownswood • 2020

Beinahe vollständig basierend auf frühen jamaikanischen Ritualrhythmen mit so kreolischen Namen wie Bruckins, Dinki Mini, Revival, Kumina oder Nyabinghi, ist Zara McFarlanes viertes Album für Brownswood eine gewagte Herzensangelegenheit, die neben viel Studioarbeit auch monatelange Recherche im Hinterland ihrer Heimatinsel erforderte. Hier ging die mehrfach ausgezeichnete Jazzsängerin auf Spurensuche nach ihrer eigenen Vergangenheit und jener jamaikanischen Spiritualität, die seit nunmehr zehn Jahren immer wieder ihr Schaffen inspiriert. »Songs Of An Unknown Tongue« ist dementsprechend von persönlicher Reflexion ebenso geprägt wie vom global an Relevanz gewinnenden Afrofuturismus. McFarlane verzichtet trotzdem bewusst darauf, ausgelatschte Iterationen des Reggae-Erbes für eine Begegnung mit der Karibikinsel zu bemühen. Stattdessen steigt sie in den üppigen Zeremoniekanon von Gesängen ein, der hier seit Jahrhunderten eine ungebrochene Ausdifferenzierung erlebt und von zahlreichen Glaubensgruppen in ihrem Rahmen praktiziert wird, entwirft entlang dieser Linien aber parallel mit dem Produzenten-Duo Kwake Bass und Wu-Lu (beide vom Kollektiv Touching Bass) unverbrauchte Beattexturen zwischen Dub(step), Soul, rituellem Ambient und folkloristischer Tradition. Aufgenommen mit befreundeten Perkussionisten, gelingt es Stücken wie dem brillant produzierten »Everything Is Connected« oder dem Loop-Ritus »Broken Water« viel Raum für das geisterhafte Wummern in »Run Of Your Life« zu schaffen – der Bass verschlingt hier fast McFarlanes Stimme. Fast. Direkt zu Beginn der B-Seite bereiten dann die rhythmisch kontrastierten Säuseleien von „My Story“ sehr erfolgreich den hochdynamischen Stimmrausch eines »State Of Mind« oder »Roots Of Freedom« vor. Allerspätestens bei »Future Echoes« ist Durchatmen angesagt: Femininer Vocal Jazz muss tatsächlich nicht wie die x-te Kopie von Nina Simone oder Norah Jones klingen.