Bei jedem neuen Album meint man, dunkler und quälender könne der Output von Xiu Xiu nicht mehr werden – und jedes Mal setzt Mastermind Jamie Stewart noch schmerzlichere Lyrics ein und geht einen Schritt weiter in Richtung Unhörbarkeit, bleibt aber trotz allem im Pop verankert. Nach dem etwas üppigeren Instrumentarium der letzten Alben markiert »Angel Guts: Red Classroom« die Rückkehr zum reduzierten Sound aus alten Drum Machines und Vintage-Synthies. Diesen werden spröde und kantige Klänge entlockt, die durch Rückkopplungen und Störgeräusche noch die letzten Reste tonaler Harmonien sprengen. Natürlich erzählen die neuen Songs passend zum Klangbild von persönlichen Abgründen und den dunklen Ecken des menschlichen Zusammenlebens: Mord und Vergewaltigung, Angst und Verzweiflung. Vorgetragen werden diese Themen von Stewarts sehr eigenem Mix aus exaltiertem Falsett, hysterischem Kreischen, Jaulen und Flüstern. Im Pressetext meint er sogar, diese Themen wohl etwas romantisiert zu haben, lebt er doch nun in einem Teil L.A.s mit einem Gang-verseuchten Park, aus dessen Teich regelmäßig Leichen gefischt werden. Hört man das Album, mag man das kaum glauben – aber schließlich handelt es sich bei Stewart um den Mann, für den das manische Schreien von »I hate everyone but you« in »Cynthia’s Unisex« einem »Ich liebe dich« am nähesten kommen dürfte.
Angel Guts: Red Classroom