Der junge sizilianische Immigrant Vito Andolini erhielt auf ihr seinen Geburtsort Corleone als Nachnamen, und MCA von den Beastie Boys besang sie in »Do It«: »…and then back through Ellis Island goes the family tree«. Ellis Island hat eine bewegte Geschichte. Die nordamerikanischen Ureinwohner nannten sie »Kioshk«, was »Möweninsel« heißt – und entsprechend auf einen Sehnsuchtsort deutet. Europäische Einwanderer nutzten sie später als Galgeninsel, ließen Piraten auf ihr baumeln – um machten sie schließlich erneut zum Sehnsuchtsort: Ellis Island wurde das Tor zur Neuen Welt. Wer dort ankam, bekam die verheißungsvolle Freiheit bereits in Form der Freiheitsstatue vor die Augen gehalten. Bis 1965 emigrierten rund 12 Millionen Menschen über die kleine Insel in die USA. Das 1990 installierte Immigration Museum erzählt davon. Oder der Kurzfilm »Ellis« des französischen Künstlers JR. Kein Geringerer als Robert De Niro schlüpft hier in die Rolle eines Einwanderers, der sinnierend durch die im Verfall begriffenen Hallen des einstigen Krankenhaus-Komplexes der Migrationssammelstelle führt. Sein einziger Begleiter dabei: Der von Woodkid komponierte und von Nils Frahm eingespielte Soundtrack. Zwei Tracks, die in leisen Tönen eine vage Hoffnung und die Idee eines Neuanfangs vermitteln, aber auch das, was der Insel zur Zeit der großen Einwanderungswelle den Spitznamen »Isle Of Tears« einbrachte: Ungewissheit, Unsicherheit, Angst vor dem Unbekannten. »Winter Morning I« transportiert das diffuse Gefühl zwischen Furcht und Freude mit filigranen Pianoklängen, die in einem Streicher-Crescendo münden. Das viertelstündige »Winter Morning II« legt schließlich De Niros Stimme auf ein atmosphärisches Harmonium-Arrangement, irritierend interpunktiert von einem wiederkehrenden Gong. Das funktioniert sehr gut als reiner Hörgenuss. Auch, wenn die stillen Momente zwischen den angeschlagenen Tönen erahnen lassen, dass es hier eigentlich um ein audiovisuelles Werk geht.
OST Ellis