Review Jazz

Wendell Harrison

Evening With The Devil

Now-Again • 1973

Nach Phil Ranelins Detroit Jazz-Klassiker »Vibes From the Tribe« von 1976 veröffentlicht Now-Again zeitgleich mit dem drei Jahre zuvor erschienenen »An Evening With the Devil« jetzt das Solodebüt des Mitgründers des Labels und Kollektivs Tribe, Wendell Harrison. Die beiden Musiker verbindet eine enge Zusammenarbeit, wie die beiden Veröffentlichungen belegen, vom gemeinsamen Spielen in ihrer ebenfalls »Tribe« genannten Band bis zur gegenseitigen Unterstützung bei Solovorhaben: So wie Harrison an Saxophon und Flöte auf Ranelins Album mitwirkt, erklingt Phil Ranelins Posaune auch auf Wendell Harrisons Platte. Dessen Spiritual Jazz versöhnt entspannte Ensemble-Arrangements mit schroffen Free Jazz-Attacken. Wo es der Botschaft dient, kommt spoken word poetry hinzu, gleich zu Beginn etwa, im schrill-wütenden »Mary Had an Abortion«, das die Gewalt gegen Schwarze mit dem Recht auf Abtreibung ins Verhältnis setzt – weiße Abtreibungsgegner gibt es in den USA ja immer noch deutlich mehr als genug. Von der Avantgarde-Sperrigkeit zu soulbasiertem Groove ist es bei Wendell Harrison nie weit, manchmal genügt die Strecke von einem Takt zum nächsten in ein und demselben Stück. Das Album wurde für das Reissue noch einmal remastert von den Originalbändern, deren leichte Mängel sich allerdings nicht vollständig digital wegzaubern ließen. Doch der perfekte Klang, so schön er ist, sollte ja auch kein Fetisch sein.