Review Electronic

Waveform Transmission

V 3.0-3.9

Astral Industries • 2021

Kaum jemand nahm davon Notiz, als 1996 die ersten zehn Versionen der Waveform Transmission durch den Äther schwappten. Rod Modell aka Deepchord und Chris Troy waren noch Neulinge im subaquatischen Ambient-Segment, channelten aber mit dem Debüt »V 1.0-1.9« bereits tieferes Kopfkino, als die meisten ihrer Zeitgenossen. Unheilvolle Radioübertragungen rauschten da aus schwärzesten Fernen über dumpf-spacige Drones und Field Recordings hinweg, wie das SOS-Pulsen der Nostromo – nur Thomas Köner oder Sleep Research Facility erreichten ähnliche Immersionslevels. Mehr als zwei Jahrzehnte dauerte es, bis mit »V 2.0-2.9« die zweite Welle der Übertragungen auf die Erde traf. Wer auch immer der Absender war, hatte wohl das interstellare Medium endlich überwunden und tauchte in einen neuen Galaxienhaufen ein. Tausend Sonnen und Sphären taten sich auf, die Suche nach habitablen Zonen konnte beginnen. Jetzt empfangen wir mit »V 3.0-3.9« jüngste Nachrichten, die von der Sichtung eines kühlen Mondes in einigen Lichtjahren Entfernung vom Stern Beteigeuze künden. Mit der siebzehnfachen Größe der Erde ein stattlicher Trabant, bedecken kilometerdicke Eispanzer seine Polkappen, die zur Äquatoriallinie abfallen und nach wenigen tausend Kilometern flechtenüberwucherter Tundra in ein warmes Gebirge übergehen. Föhnwinde mit sauerstoffreicher Luft tragen hier baumgroße Pollen von einem Gipfel zum anderen. In den Tälern fließt salziges Wasser durch Wälder von Pilzsäulen, deren Myzel die raue Planetenoberfläche schon seit Millionen Jahren verdaut und für erste komplexe Mikroben vorbereitet. Doch da ist noch mehr. Scheinbar gelang es mehreren Sendern des Signals unter die Gletscher vorzudringen, wo sie endlose Kanalsysteme mit Schmelzwasser entdeckten, in weiten Teilen auch von einer borstigen Flechten-Pflanzen-Symbiose überwuchert, außer dort, wo gigantische Höhlenteiche den Untergrund in Schwarz tauchen. Das Signal bricht an dem Punkt ab, als die Transmitter ins Wasser und das Mondinnere vordringen.