Review

Vermont

II

Kompakt • 2017

Danilo Plessow alias Motor City Drum Ensemble ist DJ-Grandsigneur, Discogs-Regenmacher und Disco-Edit-Experte, Marcus Worgull hingegen langer Wegbegleiter der Innervisions-Clique und dementsprechend eher glatten und knackigen Gefühlskanonen zugeneigt. Als die beiden 2014 gemeinsam als Vermont debütierten, kam das zuerst unvermutet: Plessow mag’s eher dreckig und gritty, Worgull druckvoll und angeravet. »Vermont« aber bot Zone-Out-Mucke für verhangene Sommersonntage, weitgehend beatlose Plinker-Sounds und Jazz-Flächen. »II« kommt danach nicht ganz so überraschend, sondern führt die angestrebte Synthese von verquarztem Kosmos-Krautrock à la Tangerine Dream, abstrahierten Deep House-Chords mit Jazz im Lebenslauf und pluckernden Post-Rock-Vibes, gelegentliche Süßlichkeitsstreichereien nicht ausgeschlossen. Vermont ist für Plessow und Worgull wohl das, was für Brian Eno und Jon Hassell ihre gemeinsamen Experimente an einer »Possible Musics« waren: Der Versuch, aus dem Bekannten etwas Neues zu extrahieren. Nur, dass Vermont dabei nicht über den kulturellen Tellerrand, sondern tief in die eigene Plattenkiste schauen. Da mag zwar selbst der detailreiche und warm ausproduzierte Sound kaum etwas daran ändern, dass »II« eher auf der Indica-Seite des Lebens angesiedelt ist und den Markt für Yogalehrgangssoundtracks abschöpfen dürfte. Putzig aber ist es schon, wie hier eine Art Nettigkeits-Badalamentismus über eine gute Stunde ausgebreitet wird, der nebenbei noch weitaus mehr musikalisches Fach- und Sachwissen glänzen lässt als eine durchschnittliche Ambient-Platte. »II« ist eine dieser Platten, die nicht weh tun – sondern gut. Umso sympathischer ist das, weil sie trotz Referenzüberfrachtung völlig posenfrei ist.