Nightfall in Camp? Violet Eves? Nonobstant? Bekannte Namen, anyone? Für den Verfasser dieses Texts waren sie das nicht, bis das Amsterdamer Label Music From Memory mit der Compilation »Uneven Paths: Deviant Pop From Europe 1980-1991« vorbeikam und für einen Ehrfurchtsschock sorgte. Pop aus den 1980er Jahren – und kaum ein vertrauter Name! Was allerdings auch ein bisschen die Absicht hinter dieser gemeinsamen Auswahlarbeit des französischen Vinyl-Archivars Raphaël Top-Secret und des Labelmitbetreibers Jamie Tiller war. Gezeigt werden soll abenteuerlustiger Pop wie der von Steve Beresford, aber eben auch Projekte aus Europa, die über ein oder zwei Alben selten hinausgingen, manchmal findet man von den Künstlern, etwa bei Nonobstant mit ihrem diskret-reduzierten Groove, gerade mal exakt den einen Titel von dieser Zusammenstellung. Das mit dem Pop sollte man dabei ernst nehmen. Meistens fließen die Stücke ruhig vor sich hin, harmonisch, nicht zwingend besonders elektronisch, dafür mit leichtem Swing, lateinamerikanischen Einflüssen. Das Beiläufige, Vorbeischlendernde ist für diesen Abweichler-Pop, vorwiegend von der musikalischen Peripherie, wichtiger als die Ohrwurm-Hirnsäge. Manches hat den Charme des Dilettantischen wie das mit unbekümmert verwackelten Rhythmen aufwartende »Nach Dienst« des musikalisch ansonsten wohl nicht weiter in Erscheinung getretenen Trios Wolfgang Klingler, Thomas Heimes und Hans Christian Mittag. Mehr Präzision dafür bei den von Disco und Funk beeinflussten Nummern auf Drumcomputerbasis. Beeindruckende Schau einer, hm, alternativen Geschichte des europäischen Pop. Wenn man dieses Jahr eine Entdeckung machen möchte, hier ist die Gelegenheit.
Uneven Paths: Deviant Pop From Europe 1980-1991