Review Rock

Various Artists

Too Slow To Disco Vol.2

How Do You Are? • 2015

Mit dieser Musik kann man immer noch provozieren. Oder zumindest polarisieren. Der erwachsenenorientierte Rock sanfterer Machart, der seit einigen Jahren »Yacht Rock« genannt wird, hat mit seiner neuen Nomenklatur eine Art Ritterschlag erhalten. Statt für aufrüttelnde Rebellion steht der perfekt überproduzierte Sound mit seinen bedächtig anbrandenden Gitarrenriffs eher für absolute Dekadenz. Diese Musik will nichts verändern, aber sie macht sich auch gar keine Illusionen über ihr Potential: Sie kann beruhigende Wirkung im Hintergrund bei einer Pool-Party entfalten – oder bei weniger duldsamen Hörern leichte Aggressionen auslösen, nicht gegen die Ungerechtigkeiten der Welt, sondern gegen die Musik selbst. Das wird ihr jedoch nur zum Teil gerecht. Denn unter ihrem gediegenen Titel versammelt sich so manches Kleinod des entschleunigten Studio-Rocks. Schon der Auftakt von Teil 2 der »Too Slow to Disco«-Reihe, »Alone Too Long« von Daryl Hall & John Oates ist einfach ein guter Song – Aufbau, Melodie, Produktion, es stimmt alles –, und der Mann kann eben richtig singen. Auch der Bee Gees-Sound von Byrne & Barnes – mit etwas weniger Falsett als die Vorbilder – kann sich sehen lassen. Und Niteflytes »If You Want It« nimmt den Titel der Compilation besonders wörtlich: Disco, so langsam, dass man kaum noch dazu tanzen kann. Aber eigentlich muss man.