Der DJ als Künstler: Was für clubmusikferne Schichten immer noch schwer einzusehen ist, wurde in der Disco-Ära langsam hoffähig gemacht. Damals, in den 1970er Jahren, entstand der Remix, wie man ihn heute kennt – nachdem die Urform des Remixens in Gestalt des Dub-Reggae auf die Erde gekommen war –, und mit ihm ergab sich auch für DJs die Möglichkeit, professionelle Aufnahmestudios zu nutzen, um dort nicht neue Musik einzuspielen, sondern schon bestehende Titel nach Kriterien der maximalen Tanzbarkeit zu zerlegen und neu zu strukturieren. Für seine umfangreiche Würdigung der frühen Helden des Plattentellers – von Tom Savarese bis François Kevorkian – hat der Glasgower DJ Al Kent in sechsjähriger Arbeit Perlen der discoiden Remix- und Edit-Kunst versammelt und schenkt uns dreieinhalb Stunden entrückten Tanzens. Nicht fehlen darf dabei »Ten Percent« von Double Exposure im Edit des New Yorker DJ Walter Gibbons – wobei es sich hier nicht um die geschichtsträchtige Version der seinerzeit ersten kommerziell erhältlichen Maxi-Single auf Salsoul handelt, sondern um den rareren Sunshine Sound Acetate Edit. Was ein DJ damals so alles mit den Reglern angestellt hat, hört man sehr schön in Rick Gianatos‘ Edit von Juggy Murray Jones‘ »In America«. Oder in Kevorkians Fassung des schön überdrehten »Magic Bird of Fire« vom mächtigen Salsoul Orchestra, das insgesamt viermal vertreten ist. Bei stolzen 30 Nummern nur ein winziger Ausschnitt dieser wahren Wundertüte. Den Titel »The Men in the Glass Booth« hat Al Kent übrigens von einem Artikel des Disco-Chronisten Vince Aletti aus dem Jahr 1976 übernommen – der Anfang des Texts ist im großzügigen Booklet mit abgedruckt.
Sidiku Buari
Disco Soccer
BBE Records