War der Rocksteady die schönste Phase in der Entwicklung des Reggae? Blöde Frage, jedenfalls war diese Periode eine des fließenden Übergangs. Das zielstrebige Tempo des Ska wurde gedrosselt, ohne dass die späteren Roots-Konventionen schon alle eingeführt waren. Dafür kamen verstärkt Soul-Einflüsse, etwa beim mehrstimmigen Gesang, zum Tragen. Aus dieser Zwischenzeit haben die Archive des Studio One der Öffentlichkeit noch einmal neues Material zukommen lassen, um die Erinnerung an diese musikalisch glorreichen Tage wachzuhalten. Politisch und gesellschaftlich entwickelte sich die Situation in Jamaika damals jedoch weniger erfreulich: Spannungen und Gewalt nahmen im Land zu, worauf die Sänger im Rocksteady mit Appellen an die »rude boys« reagierten – sofern sie keine Liebeslieder sangen. Alton Ellis, der »Godfather of Rocksteady«, der mit seinem Hit »Get Ready – Rock Steady« zum Namensgeber des neuen Stils wurde, bedient hier mit »I’m Still in Love With You« von 1967 eindeutig die amourösen Bedürfnisse. Auch John Holt besingt in »Strange Things« nächtliche zärtliche Begegnungen zwischen »girls« und »beach boys«. Die Paragons hingegen rufen in dem von John Holt geschriebenen »Change Your Style« die Hooligans zur Mäßigung auf. Und die Heptones liefern in ähnlicher Absicht eine Coverversion von Bob Dylans »I Shall Be Released«. Musikalische Bemühungen zur Entschleunigung – darin könnte man eine ähnliche Gesellschaftskritik mit ästhetischen Mitteln sehen, wie sie vor einigen Jahren der Drone-Musik zugeschrieben wurde. Nur dass man bei Rocksteady dazu tanzen kann.
Various Artists
Studio One Black Man’s Pride Vol.3
Soul Jazz