Auf Brian Eno und Kraftwerk zugleich Bezug zu nehmen, das schafft viel Fallhöhe. Die von Gerd Janson kuratierte Compilation-Serie »Musik For Autobahns« spielt einerseits auf die »Ambient«-Reihe des Briten und andererseits das ikonische »Autobahn«-Album der Düsseldorfer Popweltveränderer an. Vor allem aber erzeugt der Titel Reibung in sich selbst: Geht es bei Enos Konzept des Genres, dem er mit seiner Quadrologie einen Namen verpasste, um gleichzeitig ignorierbare wie interessant Musik, zählt bei Kraftwerk vor allem die Fortbewegung, oder, abstrakter, den Fortschritt. Ambient darf sich in die Aura von Stagnation hüllen, Kraftwerk aber wollten in die Zukunft aufbrechen. »Musik For Autobahns 2« setzt Jansons Serie nach drei Jahren fort und ihr eigenes Konzept nicht schlüssig um. Während Leon Vynehalls großartige Verbeugung vor zwischen Krautrock und Ambient pendelnden Helden wie Manuel Göttsching immerhin in Motorengeräuschen verebbt und Jansons Tuff City Kids-Kumpane Lauer die Compilation mit einer Kraftwerk-inspirierten Hymne ans »Autofahrn« abschließt, huldigen die weiteren Gäste höchstens deren Sound und entfernen sich ein ums andere Mal von Enos Ideen. Am deutlichsten wird das im wacky Neo-Disco von Fort Romeau und Biceps »Carmine«, kleinen verliebten Ausflügen in süßlichen Retrofuturismus. Was Conga Ratios bounciger Opener »168 North« abgesehen vom Namen mit der »Ambient race car music«, die Janson verspricht, zu tun hat? Ungefähr ebenso viel wie Joy Orbisons Balearen-Trance-Stepper »A213«: höchstens ganz wenig. Das alles soll nicht heißen, dass sich diese Musik nicht gut beim Autofahren hören ließe, auch sagt das noch nichts über die Qualität der Musik aus. Die wurde ja doch letzten Endes vom Berufsnerd Janson ausgewählt und der leistet sich bekanntlich kaum Aussetzer. Doch nur wenige Ausnahmen wie etwa Shans »Awakening« können der Fallhöhe zum Trotz den Spagat zwischen Eno und Kraftwerk wirklich schlagen.
Musik For Autobahns Volume 2