Review Dance

Various Artists

Locus Error

Trip/трип • 2020

Verschiedenste Interpreten auf einem Release mit flüssigen Übergängen von Stil und Stimmung kompilieren – das ist Nina Kraviz mittlerweile wohl nicht mehr genug. Mit dem neunten Label-Sampler für Trip Recordings (трип) vereint die sibirische Grand Dame feinjustierter Clubklänge einige der sträflich unterschätzten Namen aus Ost und West, aus Zukunft und Vergangenheit durch das Konzept dissoziativer Amnesie, dem sogenannten »Fugen-Zustand«. »Locus Error« ist dementsprechend nicht die Fehlermeldung einer vollautomatisierten japanischen Toilette, sondern die kurze Beschreibung dessen, was die Tracks dieser Kompilation begleiten sollen: Episoden des Vergessens von Identität, Standort, Zeit und Raum – den perfekten Rave also. Mittels eines bis Oberkante Unterlippe Acid-durchtränkten Sounddesigns gelingt das allen hier vertretenen ProduzentInnen auf bemerkenswert konsistente Weise. So könnten Produktionen wie Ryan James Fords martialisch pochendes »Royal Legion«, Kyokas ultradüster verzerrter »Link« oder das von knusprigen Snares nebst Synth-Euphorie angerührte »DANCE« des Franzosen Antigone demselben Kopf entsprungen sein, wie Carlotas keck nostalgischer Titeltrack, der dem Namen dieser Veröffentlichung alle Ehre erweist. Sämtliche Beiträge passen wie die Parts eines vibrierenden Puzzles zusammen, ohne Flexibilität einzubüßen. Dabei sind ihre Ideen dennoch so unterschiedlich. In dem Kontext auch herausragend: Die beiden dekonstruierten Quasi-Interludes von SOPHIE und Juliana Huxtable, jetzt zum ersten Mal als Analemma zu hören. Und kennt noch jemand den abgedrehten Raketenbike-Racer »Extreme-G« fürs N64? Alan Backdrops ruchlos ravendes »Nizaj« hätte auf dem damals hochgelobten Soundtrack zum Game ebenso Platz gefunden, wie die hier vorliegenden abgefuckt hektischen PTU-Tunes oder die beiden »Superintelligence«-Mixes von X-Dream. Obacht: Wahrscheinlich DER Techno-Sampler, den letztes Jahr alle übersehen haben.

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V.A.
Locus Error
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