Review Rock

Various Artists

Kollektion 03: Populäre Mechanik

Bureau B • 2015

Wolfgang Seidel wird oft mit dem Namen Ton Steine Scherben assoziiert. Doch stellt die Rockband nur eine kurze Etappe in der künstlerischen Entwicklung des Berliner Schlagzeugers dar. Musikalisch abenteuerlicher sollte – neben seiner Arbeit mit Conrad Schnitzler – sein Projekt Populäre Mechanik Anfang der achtziger Jahre ausfallen, bei dem es sich um einen Zusammenschluss von Kollegen handelte, die vom Rock frustriert und vom Postpunk fasziniert waren. Dieser Status des Dazwischenseins und Nicht-dazu-Gehörens kennzeichnet die Musik von Populäre Mechanik, in der die Freiheiten von Jazz – und bis zu einem gewissen Grad von Prog-Rock – mit der reduziert-statischen Elektronik des Postpunk gekreuzt werden. Mal treffen die beiden Welten direkt aufeinander, mal beginnen sie, ihre Konturen aufzulösen. Hier und da lässt diese entspannt unorthodoxe Vorgehensweise an David Toops ungefähr zur gleichen Zeit entstandenes Projekt General Strike denken. Erfreulich ist zudem der sehr bewusste Umgang mit Klang: Im Song »Fabrik« mit seinen verzerrten Stimmen etwa wird das Hämmern von Maschinen vom Schlagzeug auf fast beunruhigend realistische Weise mit dem von Peter Gabriel populär gemachten ›Gated reverb‹-Effekt imitiert. Mit jedem neuen Stück öffnet sich ein weiterer Raum an Möglichkeiten, die wie andere, noch zu erkundende Lebensentwürfe anmuten. Man muss dem früheren Palais-Schaumburg-Sänger Holger Hiller dankbar sein für seine Auswahl, die er für das Label Bureau B getroffen hat.