Frances Solokov ist 44 Jahre alt und Mutter von zwei Kindern, als die Sängerin ihre erste Single veröffentlicht. Zu alt für das Musikbusiness? Ihre Band Poison Girls schert sich nicht um solche Normen. Zusammen mit Crass radikalisieren sie eine Generation, begeistern für Anarchismus und Pazifismus. Ab 1981 finanzieren die Bands das Wapping Autonomy Center in London. Fernab vom Kommerz gedeiht hier der Punk. Jugendliche gründen Bands auf der Toilette, experimentieren mit Synthesizern und erstellen Tape-Collagen.
40 Jahre später bietet »Cease & Resist: Sonic Subversion & Anarcho Punk In The Uk 1979-1986« einen Einblick in dieses besonders kreative Umfeld. Die Compilation enthält Punk und Musik an den rauen Rändern des Punk: Noise, Industrial und Electro-Punk. Umso spannender ist es, die Vielfalt innerhalb dieser Szene zu sehen. Gedichte und EBM-Beats sind fester Bestandteil vieler Songs. Die experimentellen Collagen von Anny Anxiety, Andy T und Alternative TV gehören zu den interessantesten Beiträgen. Sie würden heute so nicht mehr produziert werden. Laptops bieten bessere Möglichkeiten der Klangmanipulation. Die Zusammenstellung verlangt also eine gewisse Offenheit für historischen Charme. Wer diese mitbringt, darf sich auf eine Entdeckungsreise freuen. Ungebrochen ungestüm klingen zum Beispiel Hagar the Womb, Zounds und nicht zuletzt die Poison Girls. Ein komplettes Remastering lässt sie in neuem Glanz erstrahlen. Leider sind auch die Themen von damals unverändert aktuell: Repression, Sexismus und die Gefahr der atomaren Vernichtung.
