Ob UNKNOWN ME ihr kankyō-ongaku-Update fürs 21. Jahrhundert nun bierernst meinen oder doch so gar nicht: Das bleibt nach acht Jahren und vier Alben weiterhin schwer zu sagen, auch wenn drei davon bei Not Not Fun veröffentlicht wurden und der Schlüssel womöglich schlicht im Labelnamen steckt. Wieder und wieder hat sich die Gruppe, bestehend aus Yakenohara, P-RUFF und H. Takahashi an den Controls und Osawa Yudai als Artdirektor, mit breitem Gerätepark die kitschigen Tropen japanischer Umweltmusik erforscht und dabei Musik gemacht, die sich stets spaßig ambivalent anfühlte: Ist das nicht das akustische Prozac von gestern, neu aufgelegt für ein Zeitalter, in dem der Konsumdruck noch härter drückt und die Leute sich deshalb umso wirksamer betäuben möchten (indem sie noch mehr konsumieren)?
Die zweifelhafte Entstehungsgeschichte von »Bitokagaku« – angeblich wurden diese Tracks ähnlich wie Hiroshi Yoshimuras »A・I・R (Air In Resort)« vor genau 40 Jahren von Shiseido in Auftrag gegeben – scheint die Vermutung zu bekräftigen. Andererseits ist die Musik keine exakte Kopie des Bubble-Economy-Sounds, sondern auf »Bitokagaku« – angeblich komplett am Rechner produziert, was ebenfalls zweifelhaft scheint – deutlicher denn je den 1990er-Jahren verpflichtet: Der Opener »A Rainbow in Meditative Air« scheint mit seinen zischelnden Hi-Hats kurz Aphex Twin’s »Xtal« zu zitieren, »The Universe in Ore (Paradise Mix)« ließe sich mit etwas Analog-Tape-Rauschen als Boards-of-Canada-B-Seite verkaufen, »Retreat Beats« ist schlicht Peak-IDM, und so weiter und so fort. Sind das absichtliche Referenzen oder doch zufällige Annäherungen an bestimmte musikalische Denkschulen, derweil das Kerntrio eigentlich damit beschäftigt ist, eigene Formel zu (er)finden? Auch das wird nie wirklich klar, was »Bitokagaku« zu einer noch seltsameren, buchstäblich wundervolleren Platte macht – Musik, die dich im Ungewissen lässt, die dich beschäftigt. Was überhaupt nicht das ist, womit kankyō ongaku in Verbindung gebracht wird.
Bitokagaku Clear Vinyl Edition