Erwartungen sind so eine Sache. Tomaga begleitet mich seit 2021. Ihre LP »Intimate Intensity« ist ein leichtfüßiges Glanzstück fragiler Komposition. Jedoch habe ich mir ihre früheren Releases nie angehört – bis jetzt. Mich anlässlich der Reissues von Tomagas erster EP den Anfängen des Projektes zuzuwenden war eine willkommene Gelegenheit. »Sleepy Jazz for Tired Cats« ist auch einfach ein großartiger Titel. Genau das, was ich gerade brauche: ein Album, um sich fallen zu lassen. Dachte ich.
So kann man sich täuschen. »Sleepy Jazz for Tired Cats« ist weder sleepy, zum Einschlafen geeignet, noch gewöhnlicher Jazz. Die EP besteht aus vier noisigen Pieces, die sich am Sound des frühen Industrial orientieren. Statt träger Melodien gibt es klirrende Drones, statt entspannter Drums metallerne Beats. Enttäuschend? Keineswegs. Qualität ist da. Die Vignetten tragen unverkennbar das Siegel Tomagas. Sie sind verspielt, kokett und voller Zärtlichkeit. Wie eine Katze schmiegen sie sich an raue Klänge an. Musikhistorisch ist Krach vor allem ein Störmittel. Meist wird er eingesetzt, um Brüche oder Gewalt zu markieren. In den Händen von Tomaga wird Lärm hingegen zum Ausdruck von Zuneigung. Die EP hinterlässt mich mit einem warmen Gefühl. Zu den ersten Releases einer Band zurückzukehren, ist wie alte Fotos neuer Freund:innen zu Gesicht zu bekommen. Oftmals erkennt man sie nicht wieder. Und dennoch wirken sie seltsam vertraut.
Sleepy Jazz For Tired Cats