Jazz – Den willigen Musiker regt er an, den per definitionem von freiem Willen getriebenen Hedonisten erregt er, und der meist unfreiwillige Traditionalist findet in ihm nur Aufregung. Je nach vorhergegangener Auseinandersetzung mit ihm, verhält es sich mit seiner Ausdrucksstärke wie bei einer Sprache. Wo manche sich einen abbrechen, um nur die Grundfarben zu beschreiben, erbrechen andere frei nach Belieben Regenbogen. Und wo die Nazis in die abgrundtiefe Leere ihres eigenen Spiegelbilds schrieen, da schrie die von ihnen zurückgelassene Leere danach wieder gefüllt zu werden. Dieser Bedarf der Neuschöpfung, der wesentlicher Bestandteil des Jazz ist, manifestierte sich im Nachkriegsdeutschland mit derselben unbändigen Inbrunst, mit der er seinen Eroberungsmarsch von den amerikanischen Baumwollplantagen aus auf sich nahm. Toby Fichelscher war einer der Seelensklaven der den Blues hatte, und in dem der Jazz die vielen Winter der geistigen Verarmung des Nationalsozialismus schlummerte und überdauerte, um danach wieder emporzusteigen. Zum Beispiel gen Südstaaten-Sonne, unter der der Blues ausgebrütet wurde. Toby Fichelschers Annäherung hieran hat stimmlich die lebemännische Nonchalance mit der Mel Torme die gleissenden Lichter des Broadway überstrahlte. Und begleitet wird er dabei von sich selbst, mit einem so rudimentären Percussion-Pattern, dass es selbst in den 1950ern altertümlich gewirkt haben mag. Gerade dieser stilistische Spagat, wie ihn »My First Blues I« präsentiert, ist so viel sagend für den künstlerischen Weitblick dieses Berliners. Mal flüchtet er den Bombenkratern in die Karibik und entlockt seinem Leder afrokubanische Wirbelstürme (»On Chano’s Track«), dann wieder steigt er hinab in den amerikanischen Hard Bop-Untergrund einer Zeit, die dem Cool Jazz gerade erst den Rücken gekehrt hatte (»The Cool Scene II«). Seine Trommelzeichen bewegen sich so behänd zwischen traditionellem (»My First Blues II«) und Modern Jazz (»Shadows«), dass wohl die wenigsten Amerikaner darauf gekommen wären, hier zu der Pfeife eines Krauts zu tanzen.
Busting The Bongos