Bei den Solo-Alben von Thurston Moore gab es bisher zwei Möglichkeiten: Entweder es waren herzlich krachige und eingängige Songs oder er lieferte Krach. Auf »Screen Time« bricht Moore mit dieser Erwartungshaltung – und fügt eine dritte Option hinzu. Ruhige Melodien und kleine Skizzen. Auf seinem siebten Album arbeitet sich der Gitarrist der weiterhin aufgelösten Sonic Youth an elektronischer Kammermusik ab. In den knapp vierzig Minuten singt er nicht, experimentiert nicht, schrammelt nicht. Klar, die Gitarren hat er weiterhin so gestimmt, dass es ganz viele dieser siebenundzwanzig Sekunden von früher sein könnten, in denen ein Song von Sonic Youth vom Krach wieder in den Pop fand. Nur ohne den Kontext fühlt es sich jetzt anders an. Verwirrender. Thurston Moore lässt auch überhaupt keinen Kontrast entstehen, keine Spannung. Nur Atmosphäre. Den einnehmendsten Moment hat der 63-jährige US-Gitarrist gar ans Ende des Albums gepackt, wenn in »The Realization« ein leises Feedback summt. Dagegen stehe Stücke wie »The Home«. Das ganze Ding steht bereits ab der ersten Sekunde windschief im Raum. Nichts bebt. Vielmehr ist »Screen Time« so eine Meditation mit sechs Saiten. Dabei weit entfernt von jedem Wohlfühlsound. Und trotzdem vielleicht das überraschendste Album, das Thurston Moore seit langer Zeit veröffentlichte.
Screen Time