Review

Thom Yorke

Anima

XL Recordings • 2019

Als Sänger einer der nach wie vor einflussreichsten Bands hat Thom Yorke es schon seit jeher schwer gehabt, mit seinen Solo-Sachen wirklich ernst genommen zu werden. Nach dem guten, aber auch nicht weltbewegenden Soundtrack zum Remake von Dario Argentos Genre-Klassiker »Suspiria« ist das dritte Soloalbum »Anima« nun das erste, das wirklich eigenständig klingt und nicht lediglich als nettes Nebenprojekt des Radiohead-Sängers scheint. Dabei bleibt er zwar sowohl seinen Themen von Technik-Dystopie und Vereinsamung als auch dem Charme des Schlafzimmer-Produzenten von »The Eraser« und »Tomorrow‘s Modern Boxes« treu, weiß nun aber diese einfachen und wenigen elektronischen Mittel effektiver zu nutzen. Thom Yorke scheint mit den neun Tracks auch seine bisherige Perspektive auf elektronische Musik als außenstehender Fan mehr und mehr zugunsten des ernstzunehmenden Produzenten mit Durchblick was Sounds und Technik betrifft neu auszurichten. Jedenfalls sind die neuen Instrumentals, die er zusammen mit dem unvermeidlichen Nigel Goldrich gebastelt hat, zum ersten Mal wirklich überzeugend; verwurzelt in den Szenen der elektronischen Tanzmusik statt lediglich Zitat zu sein. Wer allerdings bisher nichts mit Yorkes Falsett anfangen konnte, der wird wohl auch mit »Anima« nicht gerade seine Freude haben – trösten kann man sich zumindest mit dem Four-Tet-Soundalike-Track zum Abschluss »Runwayaway«, der ohne seinen charakteristisch gequälten Gesang und stattdessen lediglich mit zwei Vocal-Samples auskommt. Zumindest ich habe von Thom Yorke nicht mehr ein so starkes Album erwartet.