The Weeknd ist es schnuppe, ob du sein Album kaufst oder nicht. Das Gefühl hat man, wenn man »Kiss Land« hört. Es klingt nicht danach, als wolle The Weeknd hiermit irgendetwas beweisen, und das obwohl er mit seinem 2011er Mixtape »House Of Balloons« R&B in Codein tunkte und ihn damit paradoxerweise wiederbelebte. Das »Kiss Land« nicht so klingt als solle es dringend ein weiteres Ausrufezeichen setzen, hat zwei Auswirkungen: Zum einen wirkt es, als hätte The Weeknd einfach irgendein Album gemacht (und nicht sein erstes ›richtiges‹) und das findet nicht wirklich einen Platz zwischen den starken Veröffentlichungen in diesem Spätsommer/Herbst. Zum anderen passt gerade die scheinbare Gleichgültigkeit zur Persona von The Weeknd. Er stilisiert sich als sei er alles wider Willen: Musik-Star, Frauenheld und in der Position das R&B-Album der letzten Jahre zu machen. So bezieht »Kiss Land« seine Stärke aus den feinen Zeichnungen des Charakters The Weeknd und seiner Atmosphäre. Musikalisch fehlt einiges – um ein großes Album zu sein und sogar um »House Of Balloons« zu toppen. Der desillusionierte Düster-R&B auf hallenden Snares und langgezogenen Synths sucht in diesem Genre zwar weiterhin seinesgleichen, aber es reicht kein Refrain an die stärksten Momente der Mixtape-Sammlung »Trilogy« heran. Daran ändert auch ein Portishead-Sample und The Weeknds Stimme nicht. Dabei müsste man, um Vergleiche für diese Stimme zu suchen, im Katalog von Michael Jackson kramen. Wie gesagt: Hier wäre mehr drin gewesen und gleichzeitig lebt das Album davon, dass es darum gar nicht geht.
Kiss Land