Wenn eine Gesellschaft mit ihren Grammys eine derart uniforme Gruppe an Musikern, deren Output sich stets wiederholenden Schemata zu Grunde liegt, zu einer der Speerspitzen unserer Kultur auserkort, dann kann man bei dieser einen gewissen Hang zur Realitätsferne nicht von der Hand weisen. Verwunderlich ist das nicht, wenn man sich allein schon das uns allen unterliegende Bildungssystem betrachtet, dass aus uns Kindern gezielt Fachidioten macht, die allesamt mehr Wurzeln berechnet als aus dem Boden gerissen haben. Uns werden Scheuklappen aufgesetzt, die so gezielt wirken, dass man nicht nur das Spektrum ausserhalb nicht mehr wahrnimmt, sondern oft vergisst, dass es überhaupt existiert. Ob nun aber der Wunsch nach wahrheitsentsagendem »Brainfuck« zuerst da war, oder wir nach nichts mehr lechzen als mehr davon, da wir ihn so oft vorgesetzt bekommen und geschluckt haben, ist vollkommen egal. Fakt ist nunmal, dass die meisten nur Euphemismen und Halbwahrheiten hinterherrennen, und das sowohl bei der Verdauung von Nachrichten, bei der Entscheidung der Ernährung als auch bei der Festlegung unserer Musikvorlieben. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht schwer nachzuvollziehen, dass eine Combo wie The Stark Reality selbst unter Musikliebhabern nur marginal wahrgenommen wurde. Allein schon die so ziemlich alle damaligen Musikstile umfassende Bandbreite dieser Gruppe, wirft einen bei durchgängigem Hören immer wieder aus der Bahn. Mehr als ein Album ist diese, ihr komplettes Werk umfassende Wiederveröffentlichung, ein Almanach, der aufzeigt, was alles möglich ist, wenn man sich keine Grenzen setzt. Und ebenso wie man einen Brockhaus konsultieren kann um einsichtige Erkenntnisse zu erlangen, dient er zur Lektüre ebenso wenig wie eine Gebrauchsanweisung. Es bedarf bei dieser Musik also um die rechte Herangehensweise und das passende Setting um etwas an ihr zu finden. Den Samplejägern sollten diese nicht fehlen, da Sie schon durch Künstler wie Aesop Rock, Madlib, Cut Chemist oder auch Common einen Einblick in die schroffe und krude Realitätwahrnehmung von Monty Stark et al. bekommen haben. Für wen das nicht zutrifft, und wer sich mit minutenlangen Soli, der immer gleichen, schrillen Gitarrenverzerrung, und unsauber Gesungenem schwer tut, der stelle sich vor, er habe die Demoaufnahme einer Schulband in Händen. Zwar sind es Vollblutmusiker in gestandenem Alter, man kann aber davon ausgehen, dass ein beachtlicher Teil der Jugendlichen, die Sie einst waren, in ihnen weiterlebt, wenn sie sich derart rücksichtslos über alle möglichen Konventionen des »erfolgreichen« Musikschaffens hinwegsetzen. Und erinnert man sich an dieses alles in sich aufsaugen wollende und allem offen gegenüberstehenden Kind in sich, und vermag durch die Ohren ebenjenes zu hören, dann sind im Nu sämtliche Kriterien vom Tisch, mit denen der Kritiker in uns allen mehr als einmal Mängel beanstanden könnte.
Acting, Thinking, Feeling (Complete Works)