Als Plattensammler gehen einem Hunderte, wenn nicht Tausende Scheiben durch die Hände, ehe der große Fang dabei ist. Und was einem dabei durch Unwissenheit nicht alles durch die Lappen geht, will ich erst gar nicht wissen. Beim Rezensieren ist es – wenn auch weitaus überschaulicher – doch sehr ähnlich. Auf ein Album, bei dem man nicht mehr aus dem Staunen rauskommt, kommen Dutzende, bei denen man gar nicht erst ins Staunen hineinkommt. The Ruffcats wissen zum Glück, was die Uhr geschlagen hat, und läuten eine weitere Sternstunde hiesigen Musiktreibens ein. Los geht’s am heimischen Spreeufer, das von der Belagerungsarmee der feierwütigen Pac-Man Generation zurückerobert werden will. Endlich gibt’s mit »Palm Beach Berlin« eine Hauptstadt-Hymne, die nach sengender Sonne und nicht nach verbrannter Erde klingt. »The Essence« hat etwas von Dieter Reith’s kinematographischem Meisterwerk »Beams« aus dem Jahre 1978. Ausgestattet mit ihrem stilistischen Weitwinkelobjektiv lichten The Ruffcats von heiter bis wolkig Funk, Free Jazz, R&B und Dub ab. Ein weiteres Highlight ist die Kollaboration mit dem wohl bodenständigsten Melting Pot Music-Künstler: Miles Bonny. Als schnurrenden Schmusekater hat man ihn mittlerweile so oft vernommen, dass man ihn als fauchende Raubkatze anfangs gar nicht erst wiedererkennt. Geht meines Erachtens aber fast noch besser. Was die Jungs aber am besten können, haben sie sich wohl direkt von ihren vierbeinigen Namensgebern abgeschaut, nämlich chillen. Abgesehen vom Percussion-Wirbelsturm in der Mitte von »Hurricane«, drückt einen der Rest des Songs so was von in die Sitzkissen, dass man bei den Marley-esquen Blechhits im Chorus nur mit Mühe die Hände in die Luft bekommt. »Cashmere« windet sich gemächlich wie unaufhaltsam durch den Gehörgang. Und »Ginger Dillinger« kommt so geschmeidig auf Samtpfoten daher, dass man es mir als Singleauskopplung der nächsten D’Angelo-Platte hätte verkaufen können. »The Essence Vol.3« ist so rund, bekommt sie nur genug Momentum, dann wird die mehrfach um den Globus gehen.
The Essence Volume 3