Review Electronic

The Quasi Dub Development

Little-Twister vs Stiff-Neck

Pingipung • 2014

Mit dem bezaubernden Gastauftritt von Lee »Scratch« Perry auf diesem Album schließt sich für Pingipung ein Kreis, und darauf können sie mit Recht stolz sein. Jener wurde nämlich besungen auf der allerersten Veröffentlichung des in Lüneburg gegründeten Labels, das von Anfang an in seinem freundlichen Post-Electronica-Garten ein Beet mit Outsider-Dub pflegte. Einen Kreis schließen aber auch The Quasi Dub Development, und zwar einen viel größeren. Auf dem langen Weg seiner Entwicklung der Dekonstruktion und Verfremdung instrumentaler Einspielungen hat sich der Charakter des Dub im Zuge des technischen Fortschritts seines Kerninstruments, des Studios selbst, stark gewandelt. Entdeckung und Durchästhetisierung des Rauschens auf der einen Seite, perfekte Glättung durch grenzenlose Bearbeitungsmöglichkeiten im Digitalen auf der anderen. Auf der Strecke blieb dabei oft ein Element des Dub, das seinen ursprünglichen Charme mit ausmachte: das Sparsame, Rohe, Fragmentarische, Zwanglose. Bei The Quasi Dub Development kehrt es zurück, indem sie an Dub nicht primär von der technischen, sondern der ästhetischen Seite herangehen: Sie spielen es so ein, als Band. Luca Fadda an Flügelhorn und Melodica, Jason Candler an diversen Reeds lassen bei ihren warmen, schlanken Tunes schonmal alle Fünfe grade sein, und im Zweifelsfall ist der Echo-Effekt gespielt. Auch wenn F.S. Blumms Roots-Bass aussetzt, uns den Boden unter den Füßen nimmt, dann nicht, weil eine Spur weggeschaltet wurde. Den spielt er neben anderem übrigens, als hätte er nie was anderes gemacht. Nicht nur er: Auch Sven Kacirek passt seinen eher detailreichen Stil am Schlagzeug perfekt ein, das im (etwas unübersichtlichen) Line-Up des Kollektivs hier sonst Bernt Nellen und Jan Thoben übernehmen. Nicht zuletzt in den Stücken, in denen Dancehall-Legende Lady Ann als zweiter Vocal-Gast die Führung übernimmt, sind QDD immer wieder auf sehr kompakte Art catchy. Aber wofür man sie wirklich lieben muss, sind die Passagen, in denen ihnen mit halbgarem Quatsch, wie mit links, genau das glückt, was so schwer zu haben ist: locker zu klingen statt ziellos, und mit denen sie Kontrast schaffen zwischen Masse und Leere, Enge und Raum, Rhythmus und Bruch, und damit den relaxten Nebel genauso wegpusten wie monströsen Machismo.