Count Ossie war ein jamaikanischer Perkussionist, der in der Vorphase des Reggae seine ersten Aufnahmen machte, sich als Rastafari zunächst jedoch schwertat im Musikgeschäft. Dort war die Religion in den Fünfzigern nicht erwünscht. Auf Platte gab es ihn 1959 zum ersten Mal auf Prince Busters Single »Oh Carolina“ zu hören. Als sein Debütalbum mit seiner Band The Mystic Revelation of Rastafari dann 1973 erschien, im selben Jahr wie Bob Marleys »Catch a Fire«, sorgte der aufkommende Roots Reggae für eine veränderte Haltung in religiösen Fragen. Count Ossie zelebrierte auf »Grounation« seine »Roots«-Musik, bloß mit dem One Drop des Reggae hatte sein Handperkussionsensemble, in dem ansonsten vor allem Bläser, Querflöten inklusive, dominierten, wenig zu tun. Die üblichen Coverversionen gab es bei ihm aber: In „400 Years“ dient die Melodie der englischen Ballade »Scarborough Fair« etwa dazu, um eine ganz andere Geschichte zu erzählen. Und mit seiner Neufassung von »Oh Carolina« gestattet Count Ossie seiner Band einen kurzen Ausflug in vertrauteres Reggae-Terrain, dafür mit gemäßigtem Tempo. Drei Platten und anderthalb Stunden lang, war »Grounation« ein selbstbewusstes Statement, das für die Titelnummer allein 30 Minuten und zwei Plattenseiten beanspruchte. Rituell gehaltene Rhythmen, ruhig fließend, gelegentlich von stärkeren Synkopen akzentuiert, darüber mehrstimmige Chants, kann diese künstlerische Unabhängigkeitserklärung heute noch begeistern – wie auch immer man dazu stehen mag, dass sie mit einem klaren weltanschaulichen Bekenntnis einhergeht. Auf »Tales of Mozambique«, 1975, ein Jahr vor seinem Tod bei einem Verkehrsunfall erschienen, setzte Count Ossie diesen Ansatz weiter fort, so monumental wie auf »Grounation« war er da jedoch nicht mehr.
Grounation