Es begann, wie so oft, mit John Coltrane. Der Saxophonist veröffentlichte 1965 sein Album »A Love Supreme« als »humble offering to Him«. Ihm folgten ganze Kohorten US-amerikanischer Musiker auf der Suche nach transzendentaler Weisheit. Spiritual Jazz sollte man das neu entstandene Genre bald nennen. Sun Ra, Don Cherry oder die Coltrane nahestehenden Albert Ayler, Pharoah Sanders und Alice Coltrane veröffentlichten maßgebliche Alben. Der Pianist James Tatum gehörte nie zu den ganz Großen. Dem Londoner Label Jazzman ist es zu verdanken, dass der texanische Musiklehrer nun wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit von Jazz-Fans gerät. James Tatum, der Anfang der 1960er Jahre zum Katholizismus konvertierte, wurde von der St. Cecilia Church in Detroit mit der Komposition einer Messe beauftragt. Zwei Jahre lang arbeitete er an seinem Opus Magnum, um es 1973 mit seinem von lokalen Musikern unterstützten Trio und einem Kirchenchor aufzunehmen. Afrikanische Rhythmik und fernöstliche Skalen stoßen hier auf US-Gospeltraditionen und christliche Liturgie. Atheisten sollten sich von Titeln wie »Gloria« oder »Amen« nicht abschrecken lassen – dies ist feinster modaler Jazz, aufgenommen von semi-professionellen Musikern in bestechender Form. Tatums groovendes E-Piano bildet die Grundlage für den erhabenen Klang von Chor und Bläser-Quartett, Congas und Bongos fügen eine gewisse Leichtigkeit hinzu. Die Live-Aufnahme, 1974 nur als Privatpressung erschienen, wird nun im brillanten Klang wiederveröffentlicht. Hallelujah!
Contemporary Jazz Mass