Review Jazz

The Heliocentrics

Telemetric Sounds

Madlib Invazion • 2020

Die Welt dreht sich bekanntlich unaufhörlich weiter – seit dem letzten Heliocentrics-Album »Infinity Of Now« ziemlich genau um eine halbe Umdrehung auf unserem wiederkehrenden Weg um die Sonne. Wie sehr sich die Welt geändert hat, seitdem sie im Februar noch auf der anderen Seite unseres Hauptgestirns ihre Bahn zog, hört man auch auf dem neuen Album »Telemetric Sounds« deutlich. War der Vorgänger noch ein psychedelischer Tagtraum voller Esoterik, Space Jazz und Krautrock-Beats sind die sieben neuen Tracks deutlich dunkler, wütender, getriebener und dreckiger. Der »bad trip«, den Kollege Lars Fleischmann schon auf »Infinity Of Now« um die Ecke blinzeln sah, hat sich nun endgültig manifestiert – und das liegt nicht an der Qualität des LSD, sondern ganz klar am desolaten Zustand der Welt. Die Londoner Band rund um Drummer Malcolm Catto und Bassist Jake Ferguson dreht ihre Einflüsse von Sun Ra bis Can und von James Brown bis Ennio Morricone auf links, wendet sie ins Dunkle: Die Stimme von Barbora Patkova wird diesmal komplett ausgespart, stattdessen mäandern die vielgesichtigen Monolithen, die wie der Titeltrack auch mal die 13-Minuten-Grenze sprengen, durch Synth-Störfeuer, treibende Drum-Passagen oder härtere Riffs. Dieses im besten Wortsinn »Uneasy Listening« ist herausfordernd und nicht immer komfortabel, doch passt die düstere, verwirrende Atmosphäre von »Telemetric Sounds« nur zur gut zum derzeitigen Weltgeschehen. Bleibt nur zu hoffen, dass The Heliocentrics bald wieder Anlass für buntere und positivere Sound-Halluzinationen haben werden.