Review Electronic

The Gaslamp Killer

Heart Math

Cuss • 2020

Obwohl er im Großraum L.os Angeles mittlerweile eine Ikone ist und damit auch eigentlich weit über die Grenzen der USA Bekanntheit erlangen sollte, fristet William Benjamin Bensussen ein mediales Nischendasein. Selbstgewählt, wohlgemerkt. Als The Gaslamp Killer hat er trotzdem überall seine Finger im Spiel: Mitgründer von Brainfeeder und Mitbetreiber der legendären »Low End Theory«-Clubnächte, Hausproduzent von Flying Lotus Beatbastler auf Gonjasufis »A Sufi And A Killer« einem der wenigen wirklich bahnbrechenden Alben des letzten Jahrzehnts und natürlich begnadeter DJ sowie Kopf hinter solch verschwenderisch brillanten Ausnahmealben wie »Breakthrough« von 2012. Der Durchbruch blieb zwar aus, doch im vollpermeablen Untergrund von Los Angeles war das gar nicht notwendig. Bensussen etablierte sich schnell als Stylezauberer, der experimentelles Turntablism durch psychedelische Distortions pustet und aus einem unerschöpflichen Repertoire organischer Samples in ein paar Minuten surreale Pilzvisionen vor dem inneren Auge vorbeirauschen lässt. »Heart Math« zelebriert dieses Faible fürs Fantastische, lehnt sich aber mehr in Richtung Jazz Fusion als instrumentellem Hip-Hop und ist damit sowohl konzeptionell als auch harmonisch das bislang ambitionierteste Projekt des sonst eher bescheidenen Tausendsassas. Auch die Fülle an Features zeugt davon. Nur zwei der fünfzehn Tracks sind Soloarbeiten, bei den anderen mischen Kollegen à la Amir Yaghmai, Miguel Atwood-Ferguson Roberto Schilling, Kid Moxie oder The Heliocentrics mit und geben diesem Album die Dynamik eines Bandprojektes. Überlängen gibt es keine. Alles vibriert ungefähr im Bereich zwei bis fünf Minuten, bleibt bis zum Ende knackig, wild, spontan. Ob das orientalisch oszillierende »Markets Of Marrakech« oder die millimetergenau eingehegten Tontrauben in »Midnight Music«, ob das von Filmscores inspirierte »God Willing« oder der Straßenmusikertraum »Black Dog«, eingespielt mit der immer noch unterschätzten belgischen Jazz-Kombo Black Flower – in Sachen Sampling und Beattexturen wird sich auch weiterhin alles an The Gaslamp Killer messen müssen.