Review Electronic

Takashi Hattori

Moon

Noble • 2015

Reissue des Jahres 2023

Pop für den Alltag, das hatte sich Junji Kubo mal für sein Label Noble auf die Fahne geschrieben. So gar nicht alltäglich ist allerdings die kreative Kraft und Originalität der Künstler, denen er auf ihm immer wieder ans Licht verhilft: neben Serph/Reliq, seinem Main Act der letzten Jahre, etwa die umwerfende Babi (2013), oder auch vor längerem Kashiwa Daisuke, an dessen virtuoser Kreuzung von Klassik-Pop, Elektronikschock und Stilexperiment sein jüngster Zugang noch am ehesten anschließt. Eigentlich sollte Takashi Hattori nur einen Soundtrack produzieren, für Maiko Endos Biotech-Sci-Fi-Kurzfilm »Technology« (2016), der in Indien spielt. Der Kontakt mit der dortigen Musikkultur gab dem Ex-Wunderkind-Musikschüler allerdings einen Inspirationsschub, der hier ein ganzes Album Funken schlagen lässt. Statt vertrauter Sitar-Klischees regiert hier nämlich ein irdischer Futurismus, der jenseits von (durchaus auch vorhandenen) Tabla-Beats und indischen Streicher-Girlanden Pop-Neuland betritt. Etwa in Form von melodischem Material, das schlicht unsere tonale Chromatik abgestreift hat und sich trotzdem als catchy erweist, wie die hypnotisierenden Schichtungen Eurosignal-artiger Loops (»Gravity«). Nicht weniger überrascht allerdings, wie hier zusätzlich zu dieser Systemsprengung all die undefinierbaren Time-Sigs und unvorhersehbaren Entwicklungen stilistischer Vielstimmigkeit (technoider Bassgalopp und Jazztrompete, scharfe FM-Synths und perkussive Ausflüge, Messiaen-Äther und verschmierte Klangobjekte, Drone und Fusion) zusammenfinden. Die Art, wie Takashi Hattori mit einem akusmatischen Soundverständnis die Koordinaten in ständigem Fluss hält, spricht nicht Chaos, sondern alternative, unerhörte Logik. Der Captain-Beefheart-Vergleich, der andernorts gezogen wurde, ist da gar nicht so abwegig. Wie bei Kashiwa Daisuke ist das nicht nur zu außergewöhnlich, sondern wohl auch etwas zu fiebrig oder aufregend, um alltagstauglich zu sein. Ein Problem des Alltags, nicht der Musik. Die macht alles richtig.

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