Tiefe zieht an. Sie kann Angst auslösen, muss aber nicht. Das macht der Posaunist Stuart Dempster auf seinem Album »Underground Overlays from the Cistern Chapel« von 1995 rund eine Stunde lang sehr ausgeruht vor. Stuart Dempster, der zum engsten Kern von Mitstreitern der 2016 gestorbenen Komponistin Pauline Oliveros gehörte, spielte unter anderem auf ihrem Klassiker »Deep Listening« (1989) und in ihrer nach dem titelgebenden Konzept benannten Deep Listening Band. Die Aufnahmen zu beiden Platten entstanden in derselben, nordwestlich von Seattle gelegenen unterirdischen Zisterne, deren Name auf Englisch der Sixtinischen Kapelle zum Verwechseln ähnlich klingt. Stuart Dempster versammelte für seine Untergrund-Überlagerungen neun Posaunisten, die resonanzreiche Tongewebe zum Schwingen bringen, zum Teil ergänzt um Didgeridoo, Muscheln und tibetanische Glocken. Langgezogene Melodien verschwimmen allmählich ineinander, hinterlassen dabei leicht dissonante Schwebteile im Raum, die neuen Harmonien Platz machen. Man hat beim Hören den Eindruck, dass diese Musik immer schon da ist und dass sie vor allem nicht wieder weggehen sollte. Ob dies jetzt eines der »tiefsten« Drone-Alben aller Zeiten ist, wie der Pressetext verspricht, muss man im Zweifel für sich selbst herausfinden. Diese Tiefe tut jedenfalls gut. Sehr gut sogar.
Underground Overlays From The Cistern Chapel