Morr Music ist eine Konstante. Sie haben sich in einer warmen Nische in der Popwelt eingerichtet, mit Fußabtreter und designtem Klingelschild. Darin liegt ihre Stärke und gleichzeitig ihr Dilemma. Morr Music ist wie ein Zeitungsabo, dass du vor fast 20 Jahren abgeschlossen hast, und du kommst nicht zum Lesen, weißt aber gleichzeitig, dass du das nicht ungelesen entsorgen solltest. Es sind halt immer wieder herausragende Ausgaben dabei. Wie in diesem Monat: Spirit Fest Der Name steht für eine Künstlertraube um Tenniscoats The Notwist Jam Money und Joasihno Etablierte Musiker, ohne Allüren, die sich selbst stets für die Kunst zurücknehmen. Auch das ein Geheimnis von Morr Music. Wenn hier »Supergroup« auf dem Beilagenzettel steht, bekommst du eine Gruppe detailversessener Introvertierter, die sich in Birkenstocksandalen auf Couches lümmelnd über französischen Existenzialismus unterhalten. Oder über Kindheitserinnerungen, alternative Lebensmodelle, Kunstgeschichte. Also schlicht darüber wie die Zeit vergeht und wo dein Platz als Mensch hier ist. Woraus dann Lieder äußerster Privatheit entstehen. You say river river flow. Und auf »Spirit Fest« sind einige dieser Songs, die nicht nur bedeuten, sondern tatsächlich sind. Da wäre erwähntes »River River«, der Hit der Platte. Nun höre ich kein Radio, aber wenn ich das Radio anmachte, würde ich gerne Songs wie diesen hören. »Shuti Man« ist dann ein in Shōchū gewendeter, klassischer Tom Waits. Gleich zu Beginn ein »Deja Vu«, dass das Gefühl, die französische Lebenskunst gemeistert zu haben, erinnert. Das heimliche Highlight ist »Nambel«, eine kindliche Jagd unter Wäscheleinen mit dort zum Trocknen aufgehängten Laken hindurch, an dessen Ende du unversehens vor der Küste Südamerikas stehst. Ich verlängere hiermit mein Morr Music-Abo.
Spirit Fest