Nach dem letzten Album zu ihrer Wochenbettdepression, »Ask The Deep« präsentiert sich Sóley der Titel deutet es bereits an, auf »Endless Summer«, ihrem dritten Solo-Werk sehr viel positiver. Es ist natürlich zuerst einmal erfreulich, dass es ihr besser geht, doch mindestens seit Joey Goebels‘ »Vincent« sollten wir wissen, dass gute Kunst eigentlich nur durch Leid und Schmerzen entstehen kann. Sóley versucht dieses Paradox aufzulösen, indem sie sich auf das Klavier fokussiert, auf dem nun auch mal Dur-Akkorde gegriffen werden. Aber eine weibliche Herausforderung für die Männerwelt der New-Classical-Pianisten von Niels Frahm bis Chilly Gonzales ist »Endless Summer« leider nicht geworden. Eher reiht sie sich in eine Liste selbstbewusster Künstlerinnen mit eigenwilligen Klangvisionen zwischen Joanna Newsom und Agnes Obel ein. Zu ihren teilweise etwas simplifizierten, dann allerdings wieder ganz schön ausgefuchsten Tastenarrangements gesellt sich heimeliges elektronisches Knistern, wie man es von einer isländischen Künstlerin schon beinahe erwartet, das stellenweise allerdings ebenso kühl, ja eisig klingen kann. Die meist nur vordergründige gute Laune hat also ihre Grenzen und Abgründe, so dass der geradezu überschwängliche Titel von der Musik auch nur selten eingelöst werden kann. Stattdessen hört sich ein nie endender Sommer aus Sóleys Mund eher wie eine Drohung als ein Versprechen an. Man bedenke nur, dass im hohen Norden die Selbstmordrate nicht etwa im ewig dunklen Winter am höchsten ist, sondern im immerhellen Sommer…
Endless Summer