Christopher Taylor, der Freund großer Hüte und großer Buchstaben, musste innehalten. 2014 gelang es ihm als mit seinem Debüt »Tremors«, sich mit einer Mischung aus kühler Elektronik und gefühligem R’n’B in die Herzen von so ziemlich Jedem zu spielen. Das Album war Zeitgeist pur: Meilenstein des etwas anspruchsvolleren Massengeschmacks auf dem Weg vom sogenannten Post-Dubstep eines James Blake hin zur vollständigen Rehabilitierung des R’n’B, die im neuen Solange-Album gerade einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Auf »Tremors« folgten unendliche Tourneen, Produzententätigkeiten für Größen wie Banks und Kwabs, dann die Leere. Der Wahl-Wiener zog sich auf eine Hütte im kalifornischen Hinterland zurück, um sich in Ruhe zu sammeln und Songs für ein Nachfolgealbum zu schreiben. »Rennen«, der Titel des Zweitlings, reflektiert die letzten zweieinhalb Jahre Taylors und sein Gefühl permanenter Rastlosigkeit. Gleichzeitig spiegelt es auch seine Herangehensweise ans Songwriting wieder: Gerade einmal einen Monat währte die selbst verordnete Auszeit, effektiv an Songs gearbeitet hat er davon nach Eigenangabe zwei Wochen. Was aber ist das Ergebnis der kurzen Ruhepause in der Einsamkeit? SOHNs Soundpalette ist breiter geworden, und zwar in zwei entgegengesetzte Richtungen. Da ist zum einen der elektronische Part, tiefer, wummernder und verschwurbelter als zuvor, der zum Beispiel im Opener »Hard Liquor« oder bei »Falling« einen interessanten Kontrast zu Taylors Soul-Pop-Gesang bildet. Zum anderen ist da eine neue Zurückhaltung zu hören, etwa im nur von einem dürren Klavier getragenen Titelstück »Rennen«. Das alles steht SOHN ziemlich gut und macht seinen Sound interessanter. Aber so richtig aufregend ist »Rennen« trotzdem nicht. Das mechanische Elektrogewummer haut 2017 niemanden mehr so richtig vom Hocker, und wie eine gute Soulstimme zu klingen hat, haben 2016 erst Musiker wie Michael Kiwanuka gezeigt.
Rennen