Was ist eigentlich der Sound, der am weitesten vom Label Stones Throw entfernt ist? Wer sich in letzter Zeit über diese Frage nachdachte, wäre vielleicht bei einem Sound wie auf dem zweiten Album »Harlequin« von Sofie Royer gelandet. Das eben genau bei jenem Label, bekannt für Hip-Hop, Soul und Funk, erscheint. Was nicht heißt, dass es eine schlechte Platte ist, ganz im Gegenteil. Nur die wenigsten Kenner des Labels hätten wohl jemals so einen verspielten, poppigen, klaren Opener wie »Schweden Espresso« auf einem Album dort erwartet. Sofie Royer, geboren in Palo Alto als Tochter österreichischer und iranischer Eltern und aktuell wohnhaft in Wien, verbindet barocke und theatralische Momente auf diesem Album mal mit einem groovigen Bass, mal mit nostalgischen Synthesizern. Der Titel verrät es ja aber bereits: Anleihen an Zirkus und Hofnarren inklusive. Jedoch nie exzentrisch: »Aber wenn es mir zu viel wird, dann weiß ich wohin. Ich schmeiß mich von der Klein-Marxer-Brücke und dann bin ich dahin«, singt Royer in »Klein-Marx« – jene Brücke sei jedoch nicht besonders hoch und der Fluss darunter nicht besonders tief, wie sie selbst in einem Interview verriet. Klassische Narrennummer: Tragik und Komik zusammen. In den anderen Songs singt Royer in der Muttersprache der Popmusik, säuselt in »Court Jester« von Abenden auf Parkplätzen und dem Rumhängen, in »Feeling Bad Forsyth Street« von der eher mauen Zeit, als sie kurz in New York lebte. Der große Trick dieses Albums: Sofie Royer versinkt nie in Pathos und verkauft ihren Sound nie komplett an die Nostalgie. Und überhaupt: Bei dem Titel bleibt die Frage, was Spiel, was Maskerade ist. Es sind bei ihr die Dramen im Kleinen, die diese Platte zu etwas Großem machen. Eine mitreißende Aufführung, ein fantastisches Pop-Album.
Harlequin