Als später Nachschlag zum zweiten Album, das 2021 auf so mancher Jahresbestenliste auftauchte, gibt Lindsey Jordan mit dieser EP voller Demo-Versionen Einblick in den Entstehungsprozess von »Valentine«. Nach einem Aufenthalt in einer Rehab-Klinik igelte sich Jordan lediglich mit Gitarre, Mikro und Minilogue Synth im Haus ihrer Eltern in Maryland ein und arbeitete ganz für sich an neuen Songs. Verglichen mit den Albumversionen sind die Demos natürlich sehr viel reduzierter und roher, dadurch aber auch intimer und verletzlicher. Tatsächlich kann man sie auf zwei Stücken sogar weinen hören, wie die 24-Jährige im Vorfeld der EP-Veröffentlichung mit einem Lachen zu Protokoll gab. Mindestens seit Cat Power zu »Moon Pix«-Zeiten sich total aufgelöst von Konzertgängern trösten lassen musste, ist die Crux vor allem bei jungen, weiblichen, labilen Künstlern doch folgende: Ab wann wird aus Fantum und Faszination eigentlich Voyeurismus? Ab wann ist der ehrliche, ungefilterte Ausdruck der eigenen Abgefucktheit nicht mehr im Dienst der Kunst, sondern emotionales Over-Sharing für Mitleid und Trost? Überzeugt tatsächlich die Musik oder kickt eine Art Beschützerinstinkt? Antworten gibt diese kurze EP darauf (natürlich) keine, aber wem nach dem rockigen Debüt »Lush« der Nachfolger zu voll und pompös instrumentiert war, der wird an den spärlichen Demos sicher mehr Gefallen finden.
Valentine Demos