Review

Sir Richard Bishop

Oneiric Formulary

Drag City • 2020

Bei dem selbstgeadelten Sir Richard Bishop wäre das Wort »Weltmusik« eigentlich gar nicht verkehrt, wenn es nicht so lange Zeit für weniger taugliche Zwecke verwendet worden wäre. Denn bei ihm kann man in der Musik recht verschiedene und entlegene Regionen durchqueren, zum Beispiel auf seinem jüngsten Soloalbum. Der Sun City Girls-Veteran, der seit 2003 mit seinem Bruder Alan Bishop und Hisham Mayet auch das Label Sublime Frequencies für Musik aus bevorzugt afrikanischen oder asiatischen Ländern betreibt, nimmt einen auf »Oneiric Formulary« auf große Reise zwischen keltischem Folk, stark psychedelischem Gamelan, Flamenco-Anverwandlungen, Ausflügen in die Renaissance und dem guten alten Fingerpicking. Er greift dazu nach Bedarf auf elektrische oder akustische Gitarren oder noch einmal anderes zurück. Diese Rundschau hält Richard Bishop durch seinen Sinn für das roh und unbehauen Wirkende und mindestens ebenso sehr durch seine Fähigkeiten an den Saiten zusammen. Was in weniger geübten Händen wie ein willkürliches Potpourri daherkäme, wird bei Bishop etwas, das sich gut mit seinem Albumtitel zusammenfassen lässt: eine Traumformelsammlung. Wobei man sich selbst aussuchen kann, ob diese zehn Nummern Formeln von Träumen sind – oder für Träume.