Review

Simon Fisher Turner

Giraffe

Editions Mego • 2017

»Oaah, ist die lang, Mama!« Der begeisterte Ausruf aus Kindermund, mit dem Simon Fisher Turner sein jüngstes Album eröffnet, dürfte sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auf ein Exemplar der im Titel benannten Gattung beziehen, auf eine Giraffe mithin. Wer diese Kinder sind, wo sie das Tier erblickt haben könnten – im Zoo oder in freier Wildbahn, das Stück heißt immerhin »Into Bush« – erfährt man nicht. Die Stimmen spielen auch bald schon keine Rolle mehr. Dafür übernehmen grauschlierige Ambient-Strukturen den Rest der Nummer, so als hätte kein Menschenlaut ihre Kreise je gestört. Um genau diesen Gegensatz von akustischen Spuren der belebten Welt und der elektronischen Maschinen geht es dem Briten Simon Fisher Turner, der mit seinem Aufnahmegerät, manchmal genügte auch das Smartphone, von 2008 bis 2016 in Europa und Japan als Geräuschesammler unterwegs war und seine Mitbringsel auf »Giraffe« in neue Klangzusammenhänge gestellt hat. Mal unterstützen ihn die Sängerinnen Misako Yabuuchi und Emma Smith, mal kommt ein verträumtes Klavier hinzu. Simon Fischer Turner, der neben seiner Arbeit als Komponist unter anderem Schauspieler ist, hat in den 1980er Jahren schon mit dem Ambient-Projekt Deux Filles – einem fiktiven französischen Teenie-Duo mit tragischer Biographie – seinen Sinn für abwegigen Humor bewiesen. Einiges davon hört man auch in diesen konstruierten Trouvaillen, nicht nur bei den staunenden Kindern am Anfang.