Man kann Sam Shackleton ja nicht vorwerfen, er scheue das Risiko. Nach seinem Powerplant-Projekt mit drei Schlagzeugern hat er sich für »Devotional Songs« jetzt mit dem Schauspieler und Sänger Ernesto Tomasini zusammengetan. Und Shackletons Musik offenbart auf einmal ganz unbekannte Facetten: vier langgedehnte Songs, in denen sich Post-Industrial-Klangbrachen mit Anleihen an die Kunstliedtradition – und einer winzigen Portion Theatralik mischen. Shackletons leicht pessimistische Inszenierung wird durch die von Tomasini vorgetragenen Texte eher noch verstärkt. So beginnt etwa »You Are the One« mit der mantraartig wiederholten, nur bedingt heiteren Zeile »I am feeling ill and tired«. Doch in »Devotional Songs« bloß eine Suite aus apokalyptischen Epen zu sehen, würde der Sache nicht gerecht. Das Miteinander von Shackletons sorgsam ausgesuchten Drone-Frequenzen, geloopten Orgelarpeggien und dezenten Anleihen bei tribalistischen Rhythmen einerseits und Tomasinis lyrisch-sonorem Gesang andererseits verleiht ihren Songs etwas Spirituelles, das zugleich hochgradig camp wirkt. Vergleiche mit den – späten – Coil wären keinesfalls unpassend, würden aber den eigenen Charakter dieser Begegnung verdecken. Vom frühen Shackleton scheint das alles zunächst einmal weit entfernt, vom Club sowieso, doch gibt es genügend vertraute Elemente, die für Kontinuität sorgen. Gequält schön, dabei irgendwie tröstlich.
Devotional Songs