Wer als Tourist Sightseeing in Berlin macht, wird in den meisten Fällen drei Stationen der Linie S1 zu Gesicht bekommen – nämlich den Teil zwischen Potsdamer Platz und Friedrichstraße. Dabei kann eine Tour entlang der Schienen, die von Norden bis Süden einmal quer durch die Stadt und darüber hinausführen, einem das zeigen, was Ortsansässige als das »echte« Berlin beschreiben würden. Ein perfekter Ausgangspunkt also für den Hauptstadt-Rapper Shacke One (oder auch S1), der auf seinem vierten Album mit heller Stimme und Nordberliner Pils in der Hand erneut lauthals durch die Kieze zieht. Dafür hat der Plattenliebhaber von seinen Reisen einige Samples mitgebracht, die er an Hinterhaus-und-Hof-Produzenten Achim Funk aushändigt, der sie mit untergrundigen Drums ausstattet und ihnen Basslines verpasst, die sich wie unberechenbare, lebende Organismen anfühlen, die Shacke One auf seiner Reise begleiten. Auf ihnen erzählt er von Whisky im Wedding oder einem Stelldichein in Steglitz. Es wird mit den artverwandten Saftboys und Hutmacher in »Motiviert« alles umlackiert, was nicht niet- und nagelfest ist oder zusammen mit Morlockk Dilemma zur »Elefantenrunde« geladen, in der Punchlines präsentiert werden. In den letzten Jahren war kaum ein Album so ein abwechslungsreiches Zusammenspiel aus Oldschool-Beats, Jazz, Funk, Soul und mehr und trotzdem so unverkennbar Spreemetropole. Was in den falschen Händen zu einer drögen Ausgabe von rbbs »Berlin mit der Bahn erfahren« hätte werden können, ist durch Shacke Ones erzählerisches Talent und seine feine Beobachtungsgabe eine cineastische Fahrt durch die Seiten der Stadt, die man als Tourist selten zu sehen bekommt.
S1