Anders als Eimsbush oder Aggro Berlin hat Selfmade Records es geschafft. Nicht nur durchzuhalten bis nach der künstlerischen Anerkennung auch der kommerzielle Erfolg kommt, nein auch sich im gesamten deutschsprachigen Rap einen Namen zu machen, jede Menge Respekt aufzubauen und sich als Marke zu etablieren. Das Label steht für harten Straßenrap mit hohem Anspruch an Texte und Images bzw. Personas von so unterschiedlichen Rappern wie Favorite, Kollegah, 257ers oder Genetikk. Selfmade Records aus Düsseldorf ist mittlerweile das erfolgreichste HipHop-Label Deutschlands und feiert sich selbst: zum Zehnjährigen gibt es nicht nur den vierten Teil der Label-Compilation „Chronik“ samt Clubtour, sondern auch gleich ein schickes Buch dazu.
Dieses walzt auf knapp 300 Seiten die Geschichte von den Anfängen bis zum heutigen Standing genüsslich aus. Fast im Alleingang gründete und managte Elvir Omerbegovic das Label. Deshalb ist es auch nachvollziehbar, dass man nach zehn arbeitsamen Jahren nun auf dicke Hose macht, der Konkurrenz zeigt, wer der Boss ist, und (Selbst-)Beweihräucherung wie (Eigen-)Lob hier quasi von jeder Seite triefen. Es ist aber auch schwer zu leugnen, dass Selfmade ziemlich alles richtig gemacht hat: ob nun das gewisse Händchen bei der Auswahl seiner Künstler, den unbedingten Willen zum Erfolg oder die richtigen strategischen Entscheidungen von Marketing über Online-Präsenz bis hin zur Kollaboration mit Universal Music.
Hier kommt so ziemlich jeder zu Wort, der mal irgendetwas mit Omerbegovic zu tun hatte: natürlich die unter Vertrag stehenden Rapper, aber auch Jan Delay, Xatar oder K.I.Z., Fotografen, Video-Regisseure und Beat-Bastler, Chefredakteure von HipHop-Magazinen und sämtliche Label-Manager, mit denen bisher kooperiert wurde. Sie alle erzählen von den aus ihrer Sicht besonders erinnerungswürdigen Erlebnissen oder auch von Strategien und Business-Entscheidungen, die das Label einzigartig machen. Diese Anekdoten können sich wie Kollegahs erster Auftritt beim Splash! oder die verkorkste Label-Nacht in Berlin schonmal wiederholen, bleiben aber durch die multiperspektivische »Oral History« spannend und bieten auch für Label-Kenner überraschende Einsichten in die Künstlerseelen.
Dazwischen stehen Fotostrecken, die Collagen-artig und chronologisch die einzelnen Zwischenstationen bebildern, Magazin-Cover, Verkaufsrekorde und die besten Punchlines von Kollegah, bevor dann jedes Mixtape- und Album-Release Stück für Stück haarklein kommentiert wird. Das ist sicher ganz nett zu wuissen und sieht auch ganz schnieke aus, aber abgesehen von Hardcore-Fans oder gar Beteiligten wird das Buch wohl kein Massenpublikum, das keinen expliziten Bezug zu einem der Künstler hat, ansprechen. Da es mittlerweile mehr als genug Fans gibt, dürfte das aber kein Problem sein. Alles Gute und schön weiterreimen!