Wer Afrika sagt, der gibt damit meistens Ahnungslosigkeit zu. Gerne wird die gesamte kulturelle Vielfalt des Kontinenten mit all seinen disparaten Kulturen unter einem Schlagwort subsummiert, angemessen sind solche Verknappungen jedoch nie. Ignoranz ist eins, etwas anderes ist die schamlose kulturelle Appropriation – wenn aus schwarzen Wurzeln weiße Früchte reifen. Stefan Schneider und Sven Kacirek allerdings tragen nicht nur das notwendige Wissen, sondern auch den angemessenen Respekt in ihr gemeinsames Album »Shadows Documents«, das bei der Hamburger Krautrock-Institution Bureau B erscheint. Beide betourten bereits auf Kulturaustausch den ostafrikanischen Staat Kenia und bannten die dort eingefangenen Impressionen auf zwei Solo-Album. Während die unter dem Pseudonym Mapstation veröffentlichte LP »The Africa Chamber« des ehemaligen Kreidler-Mitglieds und To Rococo Rot-Bassisten zu Unrecht wenig Wellen schlug, setzte sich der Schlagwerk-Virtuose Kacirek mit den 2011 erschienenen »Kenya Sessions« ein kleines Denkmal. Die gemeinsame Arbeit verblendet noch intensiver als ihre regional-kulturell eingefriedeten Vorgänger den Hang der beiden zu Minimal-, Krautrock- und Electronica-Traditionen mit der intensiven Auseinandersetzung des Originalmaterials. Das wird eher behutsam anzitiert und zur Inspiration erkoren anstatt imitiert. Eine respektvolle Geste einerseits, eine ambitionierte programmatische Entscheidung andererseits. Sven Kacirek und Stefan Schneider spielen Bäumchen-wechsel-dich mit den Sounds: Was wie das Schlagzeug des einen klingt, ist in Wahrheit die Elektronik des anderen und umgekehrt. Die beiden Musiker weben muffige Grooves, die auf sich langsam entfaltenden Strukturen ausbreiten. Die Faszination, die »Shadows Documents« mit seiner unheilvollen Atmosphäre erweckt, verdankt sich keinem kruden Exotismus, sondern dem Wissen und Können zweier Musiker, die ihre eigenen Visionen auf mehr als überzeugende Art mit ihren Einflüssen vermischen.
Shadows Documents