Review

Santigold

Spirituals

Little Jerk • 2022

Santigold ist beileibe kein Act, den man groß vorstellen müsste. Selbst der letzte Grottenolm müsste 2012 zumindest ihren Überhit »Disparate Youth« vom Album »Master Of My Make-Believe« mitgeschnitten haben, und sei es nur in der Vodafone-Werbung. Zehn Jahre später erscheint mit »Spirituals« ein weiteres Album der Amerikanerin. Auch darauf kombiniert sie Sprechgesang und tatsächlichen Gesang mit ziemlich abwechslungsreichen, glücklicherweise kaum beliebig klingenden elektronischen Beats. Dafür hat sie sich mit einer Schar an renommierten Producern zusammengetan, mit denen sie sich 2020 während des Lockdowns austauschte. Unter anderem mit dabei: SBTRKT, Boys Noize oder Dre Skull. Herausgekommen ist ein Pop-Album am Zahn der Zeit, was sich auch in der Länge der einzelnen Songs widerspiegelt: Gleich mehrere der zehn Nummern knacken die Drei-Minuten-Marke nicht, wie geschaffen fürs schnelle Anspielen und ansatzlose Funktionieren auf den einschlägigen Streamingportalen. Auch der Facettenreichtum erlaubt es den Hörer*innen, sich ihre ganz persönliche Kirsche herauszuklamüsern. »The Lasty« liefert eine angenehme Ballade mit Piano-Begleitung, »Shake« lockt mit Jazz-House im Stile St. Germains zum Brunch und »Ushers of The New World« mischt Dub-Reggae- und gemächliche Dancehall-Einflüsse. Der Anfang von »No Paradise« hingegen lässt eine Holly-Herndon-Coverversion vermuten, entwickelt sich aber zu einem erstklassigen Pop-Stück mit Reggaeton-Anklängen. Viel hilft viel – hier stimmt die Devise ausnahmsweise.