Sam Gendel klang für mich immer wie Lofi-House ohne Beats, ein saxophonisierter Lungenzug, A.G. Cook auf Hustensaft-Diät. Warum alle jedes Fürzlein feierten, das bei Leaving Records entfloh? Keine Ahnung. Wenn das die große Avantgarde des sogenannten Ambient-Jazz war, könnte sie sich gendeln! So war es bisher. Mit »Cookup«, jetzt erschienen auf Nonesuch, ist alles anders. Sam Gendel hat mit seinen Spezis, Philippe Melanson und Gabe Noel, beide Kollaborateure von Kamasi Washington oder Ben LaMar Gay, R&B-Songs auseinandergenommen. Ja, R’n’B-Songs! Und so liest sich die Liste wie das Line-Up einer Halftime-Show beim Super Bowl: Beyoncé, Erykah Badu, Aaliyah. Bei ihnen hat sich Sam Gendel die Noten ausgeliehen und gleich wieder verloren. Trotzdem muss man ihnen für die Schoßwärme danken. Wenn Gendel zwischendurch auf die Idee kommt, die »Twin Peaks«-Melodie auf dem Vibraphon zu bimmeln, während sich die Alltime-Schmuseschnulze »I Swear« über das Hackbrett kräuselt, rutscht die Hand ohnehin ein Stockwerk tiefer. Bevor die Sittenpolizei auf den Plan tritt: »Cookup« geht auch als Schmierseife für den sonntäglichen Schwank mit den Schwiegereltern durch. Besser geht’s nicht ohne einen Ausflug in den Club of Gore.
Cookup