Wenn jemand die gesamte Geschichte des modernen Jazz im 20. Jahrhundert miterlebt und mitgestaltet hat, dann war es der Schlagzeuger Roy Haynes. Als er im November letzten Jahres im Alter von 99 Jahren starb, konnte er auf eine fast 80-jährige Karriere zurückblicken, in der er vom Swing bis zum Avantgarde-Jazz die gesamte Nomenklatur des Genres durchdekliniert und mit allen – wirklich allen – großen Musikern von Charlie Parker über John Coltrane bis Archie Shepp gespielt hat.
Ende der 1960er Jahre gründete Haynes das Hip Ensemble mit Musikern, die zum Teil 15 bis 20 Jahre jünger waren als er. Das Album »Hip Ensemble« von 1971 bietet einen wilden Mindfuck aus allen damals gerade angesagten Jazz-Spielarten. Fusion, Soul, Funk, Free und Spiritual Jazz wechseln sich ab. Haynes und die beiden zusätzlichen Perkussionisten liefern mit ihrem polyrhythmischen Spiel das Fundament, auf dem Trompeter Marvin Peterson und Tenorsaxofonist George Adams ihre Instrumente wahlweise explodieren lassen oder groovend schön im Einklang spielen. Carl Schroeder spielt mit dem E-Piano das Instrument, das in den 1970er Jahren zum Synonym für Fusion und Groove-Jazz wurde. Wer das Album hört, versteht, warum diese Musik eine Fundgrube für Samplejäger wie J Dilla oder De La Soul war.

Hip Ensemble