Richard Dawson ist ein wirklich bemerkenswerter Songwriter, der erst letztes Jahr mit seinem ersten Album für Weird World Records »Nothing Important«, auch außerhalb der Musikszene von Newcastle-upon-Tyne bekannt wurde. Bevor nun bald ein neues Werk anstehen dürfte, gibt es erstmal die Reissues seiner beiden älteren Werke: »The Magic Bridge« (2011) und »The Glass Trunk« 2012. Ist das Debüt noch grob mit halbwegs herkömmlichen englischem Folk zu fassen, entzieht sich der Zweitling jeglichen Konventionen moderner Popmusik, selbst im weitest möglich gefassten Sinne. Unter den 19 Stücken befinden sich sieben bis zu 13 Minuten dauernde A-capella-Songs, für deren Lyrics sich Dawson von einer aus dem 17. Jahrhundert stammenden Textsammlung des heimischen Museumsarchivs inspirieren ließ. Diese zumeist düsteren Weisen erinnern entfernt an Seemanns-Shantys oder Minnegesang – auch wenn Richard Dawson seiner Stimme oftmals mehr zutraut als so manchem Zuhörer-Ohr lieb sein wird. Bei den restlichen 12 Stücken handelt es sich um einminütige Instrumentals, die aus spontanen Improvisationen von Dawsons Gitarre zusammen mit Rhodi Davies‘ E-Harfe bestehen. Diese skizzenhafte Miniaturen pfeifen ebenso auf Melodie, Harmonie und Struktur wie Dawson auf Hörgewohnheiten allgemein. Das macht »The Glass Trunk« zwar zu einem interessanten Kleinod widerspenstigem Exotentums, doch mit Musikgenuss hat das Ganze nur entfernt zu tun.
The Glass Trunk