Review Electronic

Puredigitalsilence

Circumfluence

Daehan Electronics • 2019

Wie schön es doch ist, dass dank Labels vom Schlage Daehan Electronics mittlerweile auch die obskursten Sektoren schaltkreisbasierter Musik für die zeitgenössische Hörerschaft erschlossen werden. Schließlich schlummern jenseits des westlichen Klangkanons viele vergessene Pionierarbeiten, aber auch Genreperlen ohne Marketing und Eklektizismen von unerwarteter Eigenständigkeit, die kein Schwein kennt und die ihrer Veröffentlichung harren. Zu Letzteren könnte man auch das bereits 1998 erschienene »Circumfluence« der südkoreanischen Formation Puredigitalsilence zählen, das nun erstmals auf Vinyl gepresst wurde. Ein Album das rauscht, sirrt, summt und Reverbkörper von gespenstischer Anmut entwirft, irgendwo im Genrenebel zwischen Ambient, Drone und Noise. Grell emaillierte Longtracks vom Kaliber eines »Oceanview« oder »See You Through Your Eyes« sind zwar keine Mucke für zwischendurch, belohnen aber jeden, der Zeit investieren möchte und sich auch mal gerne geduldig zurücklehnt. Dagegen wirkt »Seeweed« unmittelbarer und lässt Reminiszenzen an Spacemen 3 oder Swans durchschimmern; dröhnende Gitarrendelays, die sich unaufhaltsam steigern bis alles in Licht erstickt – ein akustischer Whiteout fürs Ohr. Hier kommen die Band-Qualitäten des Projekts voll zum Tragen, das man auch schon mal gut und gerne für ein Solospiel halten könnte. »Image Eidétique« beginnt viel versöhnlicher, mit Piano und New-Age-Flächen, bevor zunächst blubbernde Beats, dann außerirdische Apparaturen und schließlich körnige Krachwallungen die Oberhand gewinnen. In seinen fast 17 Minuten durchläuft das Stück all diese Zustände, bleibt dabei aber stets kohärent. Eine Qualität, die »Circumfluence« auch als Album ausmacht. Die Vinylversion schließt mit dem Bonustrack »Death«, der 2001 während eines Gigs in den Ssamzie-Space-Studios in Seoul aufgenommen wurde und das bislang einzige neue Material der Gruppe seit zwei Dekaden darstellt. Ein brillanter Instrumental-Jam, warm und abendlich, aber auch in sich verloren wie ein Fieberdelirium.