Es erscheint nur auf den ersten Blick überraschend, dass Destiny Frasqueri jetzt mit einem, wie sie selbst es nennt, Emo-Mixtape daherkommt. Ihren Durchbruch unter dem Namen Princess Nokia hatte sie vor nicht einmal zwei Jahren mit kraftstrotzendem Power-Rap auf »1992«: Hits wie »Tomboy« und »Kitana« reihten Punch-Zeile an Punch-Zeile und machten sie in Internetgeschwindigkeit zu einer Art Queer-Rap-Ikone. Auf »A Girl Cried Red« verzichtet sie nun auf schlagkräftige Selbstermächtigung, stattdessen gibt es tiefe Einblicke in eine verletzte Außenseiterseele. Konsequenterweise, und passend zum Slipknot-Shirt, das sie auf dem Cover trägt, sind die meisten Songs mit Crossover-Gitarren unterfüttert, die ihren Weg direkt aus Frasqueris Teenagerjahren der frühen 2000er ins Jahr 2018 geschafft haben. Musikalisch ist das erst einmal gewöhnungsbedürftig, und letzten Endes doch konsequent. Princess Nokia ist und bleibt die eigensinnige Außenseiterin, das rausgerotzte Fuck You von »1992« das leisetretende Ausbreiten des eigenen Herzschmerzes auf »A Girl Cried Red« sind letztlich zwei Seiten derselben Medaille. Beides erfordert den Mut und die Stärke, erlebtes Leid und aufgestaute Wut nach draußen zu lassen und in goddamn Kunst zu verwandeln. Eine Stärke ist es auch, sich von musikalischen Trends loszusagen und das eigene Ding kompromisslos durchzuziehen. Was bei Princess Nokia heißt, sich ständig neu zu erfinden. Weshalb bei einer Künstlerin, die in der Zeit vor »1992« schon House- und Soul-Gefilde abgegrast hat, Crossover-Gitarren jetzt nicht wirklich überraschend sind.
A Girl Cried Red