Review

Pjoni

Liminal Zones

Proto Sites • 2016

Wir leben in einer lauten Welt, die uns kontinuierlich eine Entscheidung nach der anderen abringt. Es gibt keinen Stillstand, es gibt kein Verweile, kurzum: Es gibt keine Ruhe mehr. Manche versuchen deswegen, diese zu schaffen. Mit flächigem Ambient, sanften Pianotupfern oder sacht geschlagenen Gitarrenakkorden. Manche versuchen, den Lärm zu destillieren und mixen Gunshots mit Trance-Pointillismus und gewältigen Sägezahn-Bässen. Pjoni gehört beiden Kategorien ein bisschen und damit eigentlich keiner davon an. Seine Debüt-EP auf Proto Sites folgt auf eine Reihe von überwiegend digitalen Veröffentlichungen über das wie der Künstler selbst in Bratislava beheimatete Imprint Exitab. Die vier Tracks auf »Liminal Zones« beziehen ihre hypnotisierende Kraft aus den im Titel angesprochenen Grenzzonen. Diese werden definiert als Schnittstelle von Krach und Stille, Überfluss und Mangel. Es fängt mit »Train Fuck Koto« und einem mächtigen Bass an, in den sich ein zerriger Drone reinfräst – der dann wieder verstummt. Eine naive Figur nimmt ihren Anlauf, sie ist halb rhythmisch, halb Melodie. Das Auf und Ab geht eine Weile weiter, ein atonales Geklimper schaltet sich ein. Das ist viel, dazwischen aber ist nichts. Jonatan Pastirčák, so Pjoni bürgerlich, konzentriert sich auf die vorhandenen Elemente, schmückt nichts aus und lässt es trocken im Nichts stehen. Ein kurzer Break, dann nimmt das Mit- und Gegeneinander der Sounds zu. So reichhaltig die polyrhythmisch verschobene Klangpalette aber auch wird: Es fehlt etwas. Das ist die unheimliche Poesie der Leerstelle, die Pjoni gemeistert hat. Noch karger gibt sich »VVR Asylum«, wo der wuchtige Bass wie betrunken taumelt, stiller noch ist das von Digital-Noise beherrschte »Maranat«. Dem klanglichen Minimalismus stellt der Slowake auf »Illulisa« einen musikalischen beiseite. Die dumpfen Anschläge eines Saiteninstruments werden durch Raum und Zeit moduliert, darunter ist ein entferntes Dröhnen auszumachen. Eine perfekte und doch unaufgelöste Dialektik von Stille und Krach. Unbefriedigender, unheimlicher und eindringlicher kann Musik in diesen überfordernden Zeiten kaum klingen.