Es gibt nur wenige Platten in der langen Geschichte des Jazz, die einen so unvermittelt ins Geschehen werfen, wie Phil Ranelins Solodebüt. Ganz so als wollte er bereits mit den ersten Sekunden klarmachen wollen »The Time is Now For Change« wird kein Federlesen betrieben, nicht einmal ein Intro ist zu vernehmen. Stattdessen: Ein in Schleifen spielendes Piano, das sich perkussiven Anschlägen verschrieben hat. Es erinnert heute an wonky Synth-Lines besonders ambitionierter Danceplatten von Gesellen wie dem Londoner Joe. Eher atonal und als durchgehendes Ostinato. Dazu gibt es wirbelnde Schellenschläge und sukzessive einsetzende weitere Mitspieler.
Dieses zwölf Minuten Eröffnungsstück ist in sich schon ein geschlossenes Meisterwerk, das aber gleichsam bloß der Auftakt für die Avantgarde-Jazz-Platte ist, die 1974 von Phil Ranelin initiiert, komponiert und arrangiert wurde. Wobei der Anteil der Komposition vergleichsweise gering ist. Man fühlt sich gleich an das alte Bonmot »Improvisation ist Komposition in real time« erinnert. Es ergibt aus dem ganzen Chaos und den gelungenen Fehltönen etwas sehr natürliches, ein Klang, der mit den Geistern im Reinen ist. »The Time Is Now« ist das Manifest des Künstler*innen-Verbunds und -Labels »Tribe«, den Phil Ranelin 1972 mit Wendell Harrison ins Leben gerufen hat: Spiritualität, Freiheit im Spiel, Konzentration auf die Kunst und weg vom Künstlermythos.
The Time Is Now!