Review

Phi-Psonics

The Cradle

Phi-Psonics • 2020

Bassist Seth Ford-Young steht im Zentrum von »The Cradle«, dem ersten Release seines neuen Projektes Phi-Psonics, das scheinbar nach einem Massagetisch benannt wurde, der jede beliebige Musik nicht bloß abspielt, sondern über Schallumwandler auch im Bereich 10Hz bis 17kHz durch den gesamten Körper jagt. Antörnende Hörerlebnisse anyone? Hier lang. Als Sessionmusiker und Komponist ist Ford-Young jedenfalls schon seit rund zwanzig Jahren zwischen Los Angeles und San Francisco aktiv, hat mit Barry Manilow, Eric McFadden, Tom Waits oder Beats Antique kollaboriert, aber auch für Film und Fernsehen gearbeitet. Ursprünglich aus der Punkszene von Washington DC kommend, zehrt der umtriebige Arrangeur noch heute von seinen Erfahrungen im chaotischen Bandbetrieb der Politmetropole und ist imstande, Eigenbrötler wie Solisten verschiedenster Couleur passgenau auf einen Nenner zu bringen. Die sechs Stücke auf »The Cradle« zeugen davon, demonstrieren aber auch ein unbestechliches Feeling für warme Harmonieverläufe bar jeder Behäbigkeit, für teils improvisierte, musikalisch treffsichere Ausgestaltung abseits formalistischer Sackgassen. Wenn Mitchell Yoshidas Wurlitzer neben den delikaten Drums Josh Collazos von Bariton- und Tenor-Saxofon, Bassklarinette oder Altflöte umsäuselt werden – alle vier vom offenkundig hochtalentierten Sylvain Carton eingespielt – klingt das hier tatsächlich spannend und entspannend zugleich. Diese bezirzende Gelassenheit ist aber nicht nur das Resultat eines tadellosen Zusammenspiels aller Beteiligten, sondern vor allem der Aufmerksamkeit für die Klangfarbe jedes einzelnen Instruments – die meisten würden selbst solo durchgehend toll tönen. Das gilt nicht zuletzt auch für den Bass des Bandleaders, der hier und da an den formidablen Lloyd Swanton von The Necks erinnert. Die spielerische Qualität lässt über die gesamte Dauer der Platte zu keiner Sekunde nach, weshalb das Herausheben einzelner Stücke müßig erscheint. Vielleicht ist »The Cradle« ja wirklich die Wiege einer frischen Jazzkombo mit fast schon erotischem Charme, von der wir in Zukunft noch mehr hören werden.